PROKON und der populistische Schwachsinn

In den vergangenen Wochen ist die PROKON Unternehmensgruppe durch negative Meldungen in den Medien aufgefallen. Die Unternehmensgruppe investiert(e) Anlegergelder in Projekte, die dem Bereich der erneuerbaren Energien* zugeordnet werden. Das Geld wurde überwiegend über sogenannte Genussrechte eingesammelt, die dem Anleger eine Zinssatz zusicherten, gleichzeitig aber auch am Verlust beteiligten. Nun scheint es so zu sein, dass das Unternehmen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht. In diesem Fall würden viele Anleger große Verluste verkraften müssen. Unterschiedlichen Meldungen zufolge liegt der Betrag des von PROKON eingesammelten Kapitals irgendwo zwischen 1,2 Mrd. und 1,4 Mrd. Euro. Das einsammeln dieses stattlichen Betrags erforderte ein sogenanntes Wertpapierprospekt, welches durch das BaFin formal geprüft und gebilligt wurde. PROKON hat also alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und ist sozusagen als reguliert anzusehen.
Da nun Anlegergelder gefährdet sind, schreit der wilde Mob natürlich wieder nach härteren Gesetzen und schnell fallen Formulierungen, die PROKON Betrug unterstellen. Möglicherweise ist nicht alles einwandfrei verlaufen, das mag sein. Wenn das so sein sollte, müssen die Verantwortlichen zu Rechenschaft gezogen werden. Noch steht diesbezüglich aber noch nichts fest.
Eine viel wichtigere Frage ist, weshalb ein Prospekt, welches zwar „nur“ formal geprüft wird, überhaupt gebilligt wird, wenn es doch ach so furchtbar ist. Wenn man so argumentiert, dann dürften aber die meisten Wertpapierprospekte nicht mehr gebilligt werden dürfen, da es eine Großzahl noch sehr viel schwachsinnigerer Produkte im Reich von Banken und Konsorten gibt.
Und da genau liegt der Knackpunkt. Solange man „Finanzprodukte“ erlaubt, die weder Eigenkapital oder Darlehen sind und einen hohen Erklärungsaufwand benötigen, führt man jegliche Regulierung sowie Aufklärungs- und Publizitätspflichten ad absurdum. Dies haben aber weder Schildbürger an den bundesdeutschen Stammtischen noch die von ihnen gewählten Politiker verstanden.
Laut Handelsblatt fordern nun wieder einige populistisch (oder gar nicht?) denkende Politiker eine weitere Regulierung der Finanzbranche. Besagte Quelle (URL: www.handelsblatt.com, abgerufen am 20.01.2014 um 20:00 Uhr) zitiert beispielsweise Herrn Kelber, einen parlamentarischen Staatssekretär im Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerium. Demnach sagte er: „Die aktuelle Debatte um Prokon zeigt, dass der Verbraucherschutz im Bereich des Finanzmarkts gestärkt werden muss.“ Damit hat er zunächst einmal völlig recht. Was dann kommt, hat mit Verbraucherschutz aber wenig zu tun: „Die Finanzaufsicht Bafin sollte möglichst schnell in die Lage versetzt werden, Finanzprodukte zu verbieten oder den aktiven Vertrieb zu untersagen, sofern diese die Finanzmarktstabilität gefährden oder unverhältnismäßige Risiken für Anleger bergen.“ Da hat er etwas nicht verstanden. Solange die Finanzaufsicht die Produkte, deren Wertpapierprospekte sie inhaltlich nicht versteht, überhaupt zulässt, kann sie nicht beurteilen, ob sie eben unverhältnismäßige Risiken bergen. Wenn man derartige Produkte vom Markt nehmen wollen würde, wäre so ziemlich jedes Zertifikat vom Verbot betroffen. Auch Aktien von Unternehmen, deren Geschäftsmodelle etwas komplizierter sind, wie beispielsweise in der Technologiebranche, dürften nicht mehr gehandelt werden (auch nicht außerbörslich). Er postuliert weiterhin, dass jedes Finanzprodukte, auch am grauen Kapitalmarkt, reguliert werden müsse. Da hat er etwas nicht verstanden. Wäre Herr Kelber Funker, würde man ihm wohl „denken, drücken, sprechen“ raten müssen. Jedes Finanzprodukt ist in Deutschland „reguliert“, sofern man sich nicht illegal verhält.
Unsere Behörden haben schon seit Jahren die Möglichkeit, den Geschäftsbetrieb unseriöser Unternehmen zu untersagen und gegen die Verantwortlichen vorzugehen. Wenn ich mich als Hütchenspieler in die Fußgängerzone stelle und die Einsätze als Wertpapier verkaufe, dann darf ich das auch nicht und es wird durch die Exekutive schnell unterbunden werden!
Im Fall von PROKON bleibt abzuwarten, wie die Sache ausgeht. Es muss aber ganz klar gesagt werden, dass das Geschäftsmodell prinzipiell erst mal nicht unseriöser als das einer Deutschen Bank ist. Es kann außerdem nicht sein, dass der Anleger als unmündiger dummer Idiot dargestellt wird, der nicht in der Lage sein darf, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Wer eine Kapitalanlage tätigt, die einen Totalverlust als Risiko beinhaltet, der darf sich am Ende auch nicht beschweren, wenn er einen Totalverlust erleidet! Hohe Renditen sind mit hohen Risiken verknüpft. Es ist auch (leider) völlig normal, dass hin und wieder mal eine Firma die Insolvenz anmelden muss.
Der Fall PROKON macht außerdem deutlich, dass die Prospektpflicht abgeschafft werden muss, da sie im Zweifelsfall niemandem auch nur ansatzweise einen Vorteil verschafft.
Was die Finanzbranche jetzt beim besten Willen nicht braucht, ist eine Diskussion über weitere Regulierung! Im Wesentlichen gehört die Prospektpflicht abgeschafft und komplexe Finanzprodukte müssen schlicht und einfach verboten werden! Alles, was so komplex ist, dass es nicht auf einer DIN A4 Seite erklärt werden kann, kann keinesfalls als seriöse und verbraucherfreundliche Kapitalanlage verkauft werden. Diese Forderung wurde bereits im Artikel Klarverträge für Kapitalanlagen aufgeworfen.
Falls politisch motivierte Populisten nun tatsächlich Gehör bekommen sollten und man den Zugang zum Kapitalmarkt weiter erschweren sollte, dann ist das kein Anleger- oder Verbraucherschutz, sondern Protektionismus für die etablierte Finanzbranche.

*Anmerkung des Autors: die Bezeichnung erneuerbare Energien ist astreiner Schwachsinn und wird hier nur verwendet, um keine ermüdenden Erklärungen erarbeiten zu müssen.

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Veröffentlicht unter Finanzboulevard

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