Crowdinvesting in Deutschland wissen-schaftlich betrachtet – Teil 1

Crowdfunding und Crowdinvesting erfreuen sich, nicht nur in Deutschland, einer weiterhin zunehmenden Popularität. Insbesondere in der Gründerszene erfreuen sich viele Startups der Geldspritze durch Mikroinvestoren. Dabei stellt sich den deutschen Gründern und anderen Leuten mit Kapitalbedarf immer wieder die Frage nach der Rechtslage. Die starke Obrigkeitshörigkeit der Deutschen, die daraus resultierende Angst vor Fehlern und damit verbundenen Konsequenzen führte in der Szene schon vor einiger Zeit zu Diskussionen über die aufsichtsrechtliche Behandlung von Crowdfunding und Crowdinvesting. Speziell aus unternehmerischer Sicht stellt sich darüber hinaus die Frage nach dem tatsächlichen Markt. Einen guten Überblick sowohl über die rechtliche Lage als auch über den Markt haben die beiden Autoren Lars Klöhn und Lars Hornuf in ihrem Aufsatz Crowdinvesting in Deutschland (vgl. ZBB 4/2012, S. 237-266) geschaffen. Insgesamt ist der wissenschaftliche Aufsatz rund 30 Seiten lang, was den einen oder anderen Leser abschrecken dürfte. Die Tatsache, dass der gelungene Aufsatz in einer anerkannten Fachzeitschrift veröffentlicht wurde macht ihn aber für die Szene der Schwarmfinanzierer äußerst interessant. Da es sich bei dem Artikel auch noch um einen begutachteten Artikel handelt, kann der Inhalt als wissenschaftlich weitgehend gesichert angenommen werden. Daher möchte ich die wichtigsten Inhalte dieses ersten umfassenden Aufsatzes in Form einer kleinen Serie stark verkürzt wiedergeben, verständlich diskutieren und um weitere Informationen ergänzen.

Insgesamt ist der Aufsatz von Lars Klöhn und Lars Hornuf mit Einleitung und Ausblick in sechs Abschnitte unterteilt. Folglich wird auch die Rezension in sechs Beiträgen stattfinden, die sich im Wesentlichen an der Gliederung des Aufsatzes orientieren. Der erste Teil widmet sich lediglich der Einleitung. Im zweiten Teil wird der Markt für Crowdinvesting in Deutschland erörtert. Die deutsche Rechtslage ist Gegenstand des dritten Teils, während im vierten Teil die Regulierung in den USA aufgegriffen wird. Der fünfte Teil zeigt Perspektiven für die Regulierung in Deutschland auf. Abschließend wird im sechsten Teil der obligatorische Ausblick gegeben.

Die Autoren des Aufsatzes Crowdinvesting in Deutschland leiten ihre Arbeit mit einer Motivation für Crowdinvesting ein, die sich aus dem Kapitalbedarf junger Unternehmen ableitet. Besonders interessant dabei ist die Einschätzung, dass Crowdinvesting genau dann Sinn macht, wenn Familie und Freunde nicht ausreichend Geld in das Startup einfließen lassen können, das Unternehmen für Risikokapitalgeber gleichzeitig aber noch zu klein ist und Banken aufgrund des Risikos kein Interesse an einer Finanzierung haben.

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Auf den ersten Blick erscheint diese Einschätzung sinnvoll. Dennoch sollte man der Vollständigkeit halber an dieser Stelle nicht vergessen, dass Familie und Freunde nicht unbedingt geeignete Geldgeber für ein Startup sind, da die Gründer in diesem Fall unter einem besonderen sozialen Druck stehen. Auch die Einschätzung, dass Risikokapitalgeber erst ab einer gewissen Größe agieren, muss relativiert werden. Ein Risikokapitalgeber orientiert sich primär an einem möglichen Ertrag. Zwar gestaltet sich die Akquise von Risikokapital schwer, gleichzeitig erfolgt auf diese Weise eine gewisse Selektion, die sich bei vielen anderweitig finanzierten Startups einige Monate oder Jahre später durch den Markt vollzieht. Viele der durch den Risikokapitalgeber identifizierten Fehler, die zur Abweisung des Bittstellers führen, dürften durch den Schwarm der Investoren beim Crowdinvesting zwar identifiziert und anschließend vom Kapitalsuchenden nachgebessert werden, dennoch sollte die Schwarmintelligenz renditeorientierter Mikroinvestoren nicht als Alternative zum klassischen Rechnungswesen herangezogen werden.

Es folgen einige Sätze zur Förderung von jungen Unternehmen sowie Bemerkungen zu ihrer kapitalmarktrechtlichen Lage. Auch den Aktionsplan der europäischen Union zur Förderung der KMU sowie den JOBS Act aus den USA erwähnen die Autoren einführend, ohne unnötige Details auszuschlachten. Die Einleitung schließt mit der Nennung von drei wesentlichen Aspekten, die eine wissenschaftliche Betrachtung von Crowdinvesting motivieren.

Der erste Aspekt ist der einfache Zugang zu einer Finanzierung für junge Unternehmen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Crowdinvesting (oder auch Crowdfunding) ist einfach, kostengünstig und risikoarm für die Kapitalsuchenden. Als zweiter Aspekt wird angeführt, dass mittels Crowdinvesting auch Kleinanleger Zugang zum renditestarken, aber auch risikoreichen, Markt der Risikokapitalgeber erhalten. Auch an dieser Stelle muss nichts hinzugefügt oder infrage gestellt werden. Etwas mehr Diskussion bedarf hingegen der dritte Aspekt. Dieser Aspekt besagt, dass Crowdinvesting die staatliche Förderung junger Unternehmen entbehrlich machen könnte. Dabei wird aufgeführt, dass der Staat auf diese Weise entlastet würde und auch der Umgang der Gesellschaft mit jungen Unternehmen verändert werden könnte. Es ist sicherlich eine schöne Vorstellung, dass die Gesellschaft aktiv über die Vergabe von Geldern zur Förderung des Unternehmertums entscheidet, allerdings dürfte diese Vorstellung als Utopie eingestuft werden. So stellt die Förderung junger Unternehmen eine Aufgabe dar, die nicht ausschließlich auf einen return on invest einzelner Investoren abzielen darf, sondern auch volkswirtschaftliche Aspekte berücksichtigen sollte. Abgesehen davon würde sich die wirtschaftliche Entwicklung junger Unternehmen, die für Deutschland als strategisch wichtig bezeichnet werden darf, von der Geschäftspolitik einzelner Crowdinvesting-Plattformen abhängig machen. Dinge, die für eine Volkswirtschaft von strategischer Bedeutung sind, sollten Hoheitsaufgaben bleiben.

Ende Teil 1

Johannes Tschesche

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Veröffentlicht unter Crowdfunding

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