Seitdem die Popularität von Crowdfunding immer weiter zunimmt und auch die Anzahl der Plattformen ansteigt, hört und liest man neuerdings auch häufiger den Begriff Crowdinvesting. Bei diesem ganzen Crowdsalat sehen viele potentielle Anleger vor lauter Crowd weder Funding noch Investing. Und das ist bei für einen jungen, aufstrebenden Wirtschaftszweigs äußerst unschön. Insbesondere dann, wenn er sich gegenüber den etablierten Strukturen behaupten muss. Die folgenden Zeilen sollen helfen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Was Crowdfunding ist, dürfte mittlerweile bei vielen Menschen angekommen sein. Doch was ist jetzt Crowdinvesting? Wirklich eindeutige, abgrenzende und sinnvolle Definitionen finden sich, jedenfalls auf unabhängiger Seite keine. So findet man den Begriff beispielsweise auf der Plattform BERGFÜRST die Crowdinvesting folgendermaßen definiert:
„Viele Investoren (crowd) beteiligen sich (invest) an Unternehmen. Aus der Idee entstand eine Bewegung, die so mächtig und groß geworden ist, dass heute junge Unternehmen diese Finanzierungsform nutzen und Investoren als Crowd für ihren Wachstumskurs gewinnen. Crowdinvestoren wiederum unterstützen mit Beteiligungskapital und sozialem Marketing Unternehmen, die sie für vielversprechend halten.“ (Quelle: https://de.bergfuerst.com/investieren, abgerufen am 27.09.12 um 19:22 Uhr)
Soweit, so gut. Doch worin unterscheidet sich Crowdinvesting nun vom Crowdfunding, was nach einer Definition der Crowdfunding-Plattform startnext wie folgt beschrieben werden kann.
„Beim Crowdfunding finanzieren viele Menschen gemeinsam ein Projekt. Der Begriff tauchte erstmals im Jahr 2006 auf, als es die Plattform sellaband.com Künstlern ermöglichte, ihr Album durch Fans vorfinanzieren zu lassen. Anders als beim Fundraising bekommen die Geldgeber beim Crowdfunding zum Beispiel das fertige Werk (Vorfinanzierung), individuelle Geschenke (Dankeschöns), Medialeistungen (Sponsoring), Möglichkeit der Kulturförderung (CSR), eine Spendenquittung oder eine Gewinnbeteiligung. Unterstützer erhalten darüber hinaus eine emotionale Beteiligung am Projekt, Unterhaltung & Entertainment durch den Projektverlauf und einen Wissensvorsprung durch interne Informationen, die nur für Unterstützer bereit gestellt werden.“ (Quelle: http://crowdfunding.startnext.de/, abgerufen am 27.09.12 um 19:30 Uhr)
Im Wesentlichen sagen beide Definitionen mehr oder weniger das gleiche aus. Da sich das Crowdfunding im Laufe der Zeit vor allem aus künstlerischen oder gemeinnützigen Projekten herausgebildet hat, wird heute oft behauptet, dass sich Crowdfunding und Crowdinvesting dahingehend unterscheiden, dass der Geldgeber beim Crowdfunding nur in gemeinnützige, künstlerische oder ideelle Projekte investieren kann und auch bei positivem Projektverlauf keine Gegenleistung in Form von Kapital erhält, beim Crowdinvesting aber eine Gewinnerzielungsabsicht beim Kapitalgeber dahintersteckt. Prinzipiell ist das nicht falsch, allerdings auch nicht richtig. Man sollte dabei zunächst berücksichtigen, dass der Begriff Crowdinvesting vor allem im D-A-CH-Raumgeprägt wurde. Klarheit bringt vor allem eine genauere Betrachtung des Begriffes Funding. Der Begriff umschreibt zusammenfassend nämlich sämtliche Maßnahmen, die zur Kapitalbeschaffung sowie zu einer möglichen späteren Rückzahlung nötig sind. Auch die Verwaltung der Rechte und Pflichten der Kapitalgeber und Kapitalnehmer untereinander gehören mit zum vom Begriff Funding Umschriebenen. Demgegenüber beschreibt Investing lediglich die Anlage von Kapital und oft auch noch die damit verbundene Verwendung des eingesetzten Kapitals.
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Da sämtliche Crowdfunding– und Crowdinvesting-Plattformen im Wesentlichen sowohl die Interessen der Kapitalsuchenden als auch die der Kapitalgebenden Parteien ganzheitlich verfolgen, trifft der Begriff Crowdinvesting genaugenommen nicht auf sie zu. Da manche Plattformen jedoch vor allem auf die Gewinnerzielungsabsichten der Geldgeber abzielen und die Kapitalanlage im Vordergrund steht, werben sie mit dem Begriff Crowdinvesting, was absolut legitim ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Crowdinvesting als eine Teilmenge des Crowdfunding begriffen werden kann. Also handelt es sich bei allen Crowdinvesting-Projekten um Crwodfunding-Projekte, umgekehrt ist aber nicht jedes Crowdfunding-Projekt gleichzeitig auch ein Crowdinvesting-Projekt. Eine deutliche Abgrenzung des Crowdinvesting vom Crowdfunding ist also eher nicht richtig. Außerdem ist eine derartige Abgrenzung hinderlich, um die neuen Instrumente am Markt zu etablieren und sie gegenüber den alt eingesessenen Strukturen der Finanzbranche zu verteidigen.
Johannes Tschesche
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