Klarverträge für Kapitalanlagen

Jeder kennt das Kleingedruckte, wenn man eine Investition tätigt oder eine Versicherung abschließt. Die meisten Leute lesen diese Details allerdings nicht vollständig. Und selbst die, die es lesen, sind häufig nicht in der Lage das verklausulierte Juristendeutsch zu verstehen. Die Beratung durch die Vertriebsmitarbeiter entspricht, diverse Tests der einschlägigen Fachpresse bestätigen das, häufig nicht den Anforderungen des Gesetzgebers und noch weniger denen, die der geneigte Anleger an sie stellt. Zwar müssen die Beratungen mittlerweile dokumentiert werden. Allerdings ist die gelebte Praxis häufig weit von dem entfernt, was man eigentlich erwartet.

Die genutzten Instrumente, die teilweise durch den Gesetzgeber vorgeschrieben werden, sollen dabei u.a. für Transparenz und Sicherheit bei der Entscheidungsfindung sorgen und so den Anlegerschutz verbessern. Dazu gehören Verträge, die teilweise viele Seiten füllen, Wertpapierprospekte, Exposees und mehrere Unterschriften, die an diversen Stellen sicherstellen sollen, dass der Anleger das Kleingedruckte verstanden hat.

Im Bereich der Zahnzusatzversicherungen wurde von Hans Waizmann und der Eisbaum GmbH in Kooperation der sogenannte Clearment Klarvertrag geschaffen. Darin erhalten Verbraucher vor und bei Abschluss von Versicherungen einen Versicherungsvertrag in einer verbraucherfreundlichen, verständlichen Sprache. Diese Form der einfachen Sprache und der kurzen und verständlichen Vertragsbedingungen sollten eigentlich zu einem verbindlichen Standard in der gesamten Versicherungs- und Finanzbranche werden. Bei der Gestaltung solcher Papiere sollte es völlig egal sein, ob es sich um eine Anlegerinformation, ein Wertpapierprospekt, einen Sparvertrag oder einen öffentlich angebotene Beteiligungsvertrag handelt. Auch Matthias Kröner thematisiert den mangelhaften und falsch funktionierenden Kundenschutz auf seinem Blog (http://www.matthias-kroener.de/dieser-kundenschutz-schutzt-nur-die-banken/).

Im Fall von Kapitalanlagen jeder Art sind eigentlich zwei Fragen von übergeordnetem Interesse. Diese können als Ja-Nein-Fragen gestaltet und beantwortet werden.

1. Frage: Besteht die Möglichkeit des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals?

1. Antwort: Ja!/Nein!

2. Frage: Können dem Investor weitere Kosten zusätzlich zum eingesetzten Kapital entstehen?

2. Antwort: Ja!/Nein!

Sollten diese Fragen ganz oder teilweise mit „Ja“ beantwortet werden müssen, dann werden weitere Informationen für den Anleger nötig. Falls diese nicht verständlich auf ein Blatt im Format DIN A4 bei Schriftgröße 11 und 1,5-fachem Zeilenabstand passen, dann muss das Produkt eigentlich als unseriös eingestuft werden. Alles andere ist Betrug am Kunden. Dass komplexe Beteiligungsverträge (z.B. im Fall von Fonds) nicht auf eine DIN A4 Seite passen, dürfte klar sein. Allerdings sollten die wesentlichen Informationen auf diese Weise darstellbar sein.

Ebenfalls Teil eines solchen Klarvertrags sollten verbindliche Verbraucherinformationen sein, die klar auflisten, wie groß der Verdienst an dem angebotenen Finanzprodukt für diejenigen ist, die das Produkt auflegen, anbieten, vertreiben. Dazu gehören einerseits die Provisionen (Höhe, Fälligkeit und an wen sie von wem gezahlt werden) und andererseits die Erlöse aus dem Produkt selbst. Diese sollten auch nicht in Prozent angegeben werden, sondern für alle verständlich als konkrete Beträge.

Eine mögliche weitere wichtige Ja-Nein-Frage lautet:

Können Verluste bezogen auf meine Einlage eintreten, auch wenn ein Totalverlust meines eingesetzten Kapitals ausgeschlossen ist?

Diese Frage dürfte in vielen Fällen mit „Ja“ beantwortet werden, da selbst Fonds mit Einlagensicherung in der Regel einen Ausgabeaufschlag und Verwaltungsgebühren verlangen. Diese Kosten werden im Regelfall vom Anleger getragen. Diesem entstehen dann zwar keine Einlagenverluste, da die Einlage ja gesichert ist, faktische Verluste entstehen dem Anleger dadurch also trotzdem. Sie werden dann jedoch meist als Gebühren oder Verwaltungskosten bezeichnet. Aus diesem Grund ist eine Verbraucherinformation mit konkreten Zahlen (also z.B. Ausgabeaufschlag in Höhe von 300 € anstelle von 3 % Ausgabeaufschlag) die einzig richtige Option. Nur durch derartige Transparenz ist eine wirkliche Verbraucherinformation gegeben.

Es liegt auch an den Anlegern, dass sie derartige Informationen gezielt einfordern. Ein Anlagevermittler wird sich nach dem x-ten Kunden, dem er ein strukturiertes Finanzprodukt nicht erklären kann und der Kunde infolgedessen wutentbrannt davonrennt, gut überlegen, ob er derartige Produkte weiter vermitteln wird. Auch die Anzahl virtuoser Zertifikate dürfte durch die Offenlegungspflicht gewisser Sachverhalte zurückgehen, da die Anleger verstehen würden, dass sie sich für sehr viel weniger Geld ein Lotterielos kaufen können.

Banken würden offenlegen müssen, welchen Dreck sie den Anlegern teilweise unterjubeln wollen. Die Verantwortung für die eigene Gier würde wieder an die Anleger zurückgegeben, anstatt sie durch diverse Sicherungsinstitutionen zu verschleiern. Die Kosten für den vermeintlichen Anlegerschutz werden durch den Regulierungswahn an die Akteure der Finanzbranche abgewälzt, die sie wiederum an die Anleger weitergeben. Solange diese Kosten weitersteigen, werden die Anleger nicht zunehmend besser geschützt, sondern zunehmend besser ausgenommen! Profiteure sind Banken und Co., da sie ihre Verantwortung gegenüber den Anlegern nicht wahrnehmen müssen. Vielmehr können sie sich entschuldigend und rechtfertigend auf den vielen Regularien des Gesetzgebers ausruhen, denen sie sich formal richtig untergeordnet haben. Helfen würde es auch, wenn die Vertriebler mit ihrer Unterschrift auf dem Beratungsprotokoll des Kunden unterschreiben würden, dass sie für Beratungsfehler persönlich haften. Wer jetzt sagt, dass das zu weit geht, der sollte sich mal überlegen, wer für Schäden haftet, wenn ein neu entwickeltes Auto das erst mal im öffentlichen Straßenverkehr zur Erprobung gefahren wird. In diesen Fällen haftet der verantwortliche Ingenieur. Auch Ärzte haften für Kunstfehler und wenn ein Bäcker ausversehen einen Stein in ein Brötchen einarbeitet, dann zahlt er den Zahnschaden des Kunden, der dummerweise auf den Stein beißt und obendrein möglicherweise ein Schmerzensgeld. Das mit der Verantwortung ginge also, wenn man denn wollte.

Der aktuelle Zustand in der Finanzbranche lässt sich kurz zusammenfassen: Wenn was schief geht, dann zahlt erst der Anleger und dann der Steuerzahler – die Verursacher werden geschont.

Daher müssen die Regularien stark vereinfacht werden. Die Verantwortung für Finanzprodukte und Kapitalanlagen darf nicht durch unseren Regulierungswahn verwässert werden, sondern muss in jedem Fall von den Anbietern getragen werden. Und dafür müssen die Karten offen auf den Tisch gelegt werden. Anbieter müssen den Kunden verbindlich, verständlich und wahrheitsgemäß sämtliche Bedingungen erklären. Ein Anfang wären Klarverträge für Finanzprodukte.

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Veröffentlicht unter Finanzboulevard
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