Schwarmfinanzierung für Immobilieninvestments

Was im Ausland bereits eine gewisse Popularität genießt, wird langsam aber sicher auch in Deutschland bekannt: Crowdfunding oder Crowdinvesting in der Immobilienbranche. Darunter versteht man entweder das Investieren in einzelne Immobilien oder ganze Immobilienprojekte. In der Regel steht dabei die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund.

Kritiker werfen den Betreibern von Plattformen für die Schwarmfinanzierung für Immobilien und Immobilienprojekte vor, dass es sich lediglich um Investments mit Gewinnerzielungsabsicht handelt und nichts bleibendes, wie z.B. ein Unternehmen, die Entwicklung einer Innovation oder eine gemeinnützige Sache, gefördert wird. Konkret wird unterstellt, dass es sich lediglich um Immobilienspekulationen handelt. Das ist natürlich weitgehend richtig, aber prinzipiell ist das kein Grund zur Kritik. Immerhin geht es bei den meisten anderen Crowdfunding-Projekten aus Sicht vieler Investoren auch mehr um das, was für sie dabei herausspringt als um die „Sache“ an sich.

Positiv betrachtet muss man im Gegenzug aber anführen, dass Investoren auf diese Weise bereits mit kleinen Beträgen am Immobilienmarkt investieren können.

So können Anleger bereits ab Beträgen von 100 € über die Quirito UG (haftungsbeschränkt), die das Portal Raumrenditebetreibt,in Immobilien investieren. Als Anlageform wird das partiarische Darlehen angeboten. Im Zweifelsfall droht also ein Totalverlust des Einsatzes. Ebenfalls mittels partiarischer Darlehen kann man über das Portal Kapitalfreunde der Kapitalfreunde GmbH in Immobilienprojekte investieren. In diesem Fall muss man mindestens 250 € anlegen. Eine andere Form der Beteiligung bietet die Plattform Bergfürst der Bergfürst AG an. Hier kann der Anleger ab 250 € Genussscheine erwerben, die über die Plattform auch handelbar sind. Auch hier droht dem Anleger im Zweifel der Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Alle drei Plattformen bieten den Investoren eine akzeptable Möglichkeit mit kleinen Beträgen in Immobilien zu investieren. In jedem Fall sollte der Anleger versuchen, möglichst viele Informationen über die Immobilien oder Immobilienprojekte zu erhalten und sich nicht ausschließlich auf die Angaben der Anbieter verlassen. Immobilien stellen eine solide Form der Kapitalanlage dar, allerdings sind nachrangige Beteiligungsformen aus Anlegersicht immer kritisch zu sehen. Eine genaue Prüfung der Verträge ist daher unbedingt nötig. Wer größere Beträge (also mehr als 20.000 €) investieren möchte, sollte unserer Meinung nach von Kapitalanlagen mittels partiarischer Darlehen oder Investitionen in Genussscheine absehen.

Alternativ können Anteile geschlossener Fonds (in der Regel als Gesellschafter einer KG) erworben werden. Anleger könnten sich alternativ auch einfach gemeinsam eine Immobilie kaufen. Das bietet im Zweifel immerhin die Sicherheit der Immobilie, die einem dann auch tatsächlich, wenn auch nur anteilsweise, gehört.

Die genannten drei Plattformen stellen aktuell sozusagen die Vorhut einer bestimmten Anlageklasse dar, die sich dem Prinzip Schwarmfinanzierung als Vertriebskanal bedienen. Sicherlich werden weitere Portale mit weiteren Modellen folgen.

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Das Ende der Sparzins-Mentalität

Immer wieder ist in den Medien die Rede vom Anlegerschutz. Insbesondere der sogenannte Kleinanleger spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er ist das Top-Schutzobjekt des wilden Regulierungsmobs und scheint für die Kapitalanlageprodukte der Finanzbranche von besonderem Interesse zu sein. Wer genau dieser Kleinanleger (oder auch Privatanleger) ist, kann im Artikel Über den schützenswerten Kleinanleger nachgelesen werden.

Zwei wesentliche Merkmale, welche vielfach angeführt und diskutiert werden, sind Sicherheit und Seriosität. So soll der Kleinanleger nur weitgehend „sichere“ und ausschließlich „seriöse“ Kapitalanlagen tätigen können.

Der letztgenannte Aspekt der Seriosität ist eigentlich eine alberne Angelegenheit. Es sollten generell nur seriöse Geschäfte getätigt werden, völlig egal in welcher Branche. Kriminelle Machenschaften sind keine Spezialität der Finanzbranche und sollten daher mit dem gleichen Maß bewertet werden, wie in anderen Wirtschafts- und Lebensbereichen auch. Betrug ist Betrug ist Betrug ist Betrug und wird durch mehr Regulierung weiterhin Betrug bleiben.

Anders verhält es sich, wenn man den Aspekt der Sicherheit betrachtet. Wenn man ehrlich ist, ist die Zeit sicherer Kapitalanlagen, die auch nur ansatzweise ausreichende Renditen bringen, vorbei. Die aktuellen Zinssätze für Spar- und Tagesgeldkonten sowie Festgeld sind im Keller und decken oftmals nicht mal den Aufwand (z.B. anteilige Kosten für Internetrecherche/Konditionsvergleiche, Porto und evtl. Fahrtkosten zum Berater), den man mit der Einlage hat. Alle anderen Kapitalanlagen sind immer mit dem Risiko von Verlusten verbunden. Als allgemein anerkannt gilt die Regel, dass mit der Chance auf eine höhere Rendite immer auch ein größeres Risiko in Kauf genommen werden muss – oftmals bis hin zum Totalverlust oder manchmal sogar darüber hinaus.

Die jüngere Vergangenheit hat vielen Anlegern vor Augen geführt, dass selbst sicher geglaubte Kapitalanlagen, wie z.B. Staats- oder Unternehmensanleihen, keinesfalls so sicher sind, wie früher oftmals propagiert. Auch das Bewusstsein dafür, dass selbst große DAX-gelistete Unternehmen keine Garantie für wenigstens einen gewissen Werterhalt bieten, ist gestiegen.

Vielen Anlegern ist klar geworden, dass in Anbetracht der durchaus existierenden Risiken die geringen Renditen der früher gern genommenen Kapitalanlagen in keinem Verhältnis mehr zum Risiko stehen. Ein wesentlicher Grund dafür ist auch, dass die Komplexität heutiger Kapitalanlagen von dem durchschnittlichen Anleger nicht mehr durchdrungen werden kann. Wer liest und versteht schon mehrere Wertpapierprospekte mit 80 Seiten und mehr und stellt deren Inhalte sinnvoll gegenüber? Deshalb drängen viele von Ihnen in alternative Anlageformen, die vermeintlich transparenter sind. Zu nennen sind hier einerseits die aktuell modernen Investments mittels Crowdfunding/Crowdinvesting und andererseits diverse Fonds, die mit den unterschiedlichsten Modellen locken. Neben der (jedenfalls scheinbaren) Transparenz der Kapitalanlagen spielen mittlerweile auch häufig Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial etc.) sowie ethische Kriterien eine Rolle. Diesen Kapitalanlagen ist gemeinsam, dass sie in der Regel keiner staatlichen Kontrolle unterliegen und von neuen Akteuren des Kapitalmarktes aufgelegt werden, die bisher entweder gar keine oder nur eine untergeordnet Rolle spielten. Insbesondere die ausschließlich über das Internet angebotenen Anlagen werden daher von der Fachpresse, Anlegerschützern und anderen häufig in ein schlechtes Licht gestellt. Beispielsweise wird vor Investments mittels Crowdfunding oder Crowdinvesting gewarnt, da es sich dabei um Risikoinvestments handelt. Gleichzeitig wird aber nicht erwähnt, dass heute quasi alle Kapitalanlagen (abgesehen von Spareinlagen und Festgeld) als Risikoinvestment betrachtet werden müssen.

Der Appell an das Risikobewusstsein trifft die Anleger und zeigt Wirkung. Immerhin zielt die Ermahnung, dass das schöne Geld vielleicht futsch ist, mitten ins Schwarze der sicherheitsbedürftigen Anleger. Die über lange Jahre mit Hilfe von KNAX-Heften, Weltspartagen und dem schlauen Baufinanzierungsfuchs erschaffene Sparzins-Mentalität sitzt bei deutschen Anlegern tief.

Ehrlich wäre es, wenn die Politik, die Medien und die Finanzbranche klarstellen würden, dass die Sparzins-Mentalität, die der Anleger über Jahrzehnte entwickelt hat, nicht mehr in herkömmlichem Maße bedient werden kann. Wenn die Branche ehrlich zu ihren Kunden ist, kann das verlorene Vertrauen evtl. wiedererlangt werden. Aber nicht damit, dass alle Alternativen zu den „alt eingesessenen Kapitalanlagen“ als gefährlich dargestellt und die genauso unsicheren eigenen Anlageprodukte als sicher verkauft werden.

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Eine Bank für Kryptowährungen?

Auf seiner Homepage wirft Matthias Kröner, Vorstand der Fidor Bank, die Frage auf, wie eine Bank für Kryptowährungen aussehen müsste. Er ruft zur Diskussion dieser Fragestellung auf, indem er einige Leitfragen stellt. Teilweise werden diese Leitfragen bereits mittels Kommentarfunktion unter der Frage diskutiert. An dieser Stelle soll die Fragestellung ebenfalls aufgegriffen werden. Die Fragestellung kommt derzeit vielleicht noch etwas „fancy“ daher, in Wirklichkeit dürfte sie aber von Interesse für die (langfristige) Zukunft der Banken sein. Man darf nicht vergessen, dass den Menschen die Art ihres Zahlungsmittels an vielen Stellen egal ist, da viele Zahlungen nur noch per Onlinebanking, Kredit- oder EC-Karte und mit neuen Verfahren z.B. mit Hilfe des Smartphones ausgeführt werden. Der ideelle Wert einer Währung dürfte der zunehmend durch das Internet geprägten Menschheit immer egaler werden, solange sie ihre Rechnungen bezahlen können – sei es mit Euro, Dollar, Paybackpunkten, Facebook-Likes oder Bitcoins. Womit, ist im Grunde ja auch eigentlich egal. Den Zentralbankwährungen gegenüber existieren auch Ideen einer Weltwährung, wobei deren Einführung eher unwahrscheinlich ist. Wahrscheinlicher ist die Koexistenz globaler Kryptowährungen zu den etablierten Währungen der Nationalstaaten und Staatenverbünden.

Bevor die eigentliche Fragestellung aufgegriffen wird, soll der Begriff Kryptowährung kurz und ohne Anspruch auf Vollständigkeit erläutert werden. Kryptowährungen sind digitale Zahlungsmittel oder Zahlungssysteme, die einem eigenen Bewertungssystem unterliegen. Im Gegensatz zu den von den Zentralbanken herausgegebenen Währungen, werden Kryptowährungen nicht staatlich reguliert und damit nicht stabilisiert. Sie werden am Computer auf Basis spezieller Algorithmen geschöpft. Außerdem besitzen sie im Grunde keinen Gegenwert als Zahlungsmittel und können im Gegensatz zu Währungen der Zentralbanken nicht ineinander zu festgelegten Kursen getauscht werden – jedenfalls besteht darauf kein Anspruch. Als nicht offizielles Zahlungsmittel hängt ihr Wert letztlich davon ab, welchen Wert der Empfänger ihr zuordnet. Kryptowährungen werden nicht auf Bankkonten „gelagert“, sondern in digitalen Brieftaschen gespeichert. Weiterführende Informationen finden sich an diversen Stellen im Internet. Der derzeit populärste Vertreter der Kryptowährungen ist Bitcoin (kurz BTC).

Zurück zur Frage nach einer Bank für Kryptowährungen. An erster Stelle steht die Frage nach den Anforderungen. Diese Frage setzt voraus, dass man eine Bank für Kryptowährungen überhaupt benötigt und wenn, welchen Kundennutzen diese erbringen muss. Welche der von Banken an Privatkunden angebotenen Dienstleistungen ist für Kryptowährungen eigentlich erforderlich?

Die Kontoführung fällt schon mal weg, da man Kryptowährungen auf digitalen Konten auf einem Computer oder in einer sicheren Cloud speichert. Zahlungsverkehr muss von einer Kryptobank ebenfalls nicht angeboten werden, da dieser bei Kryptowährungen direkt von digitaler Brieftasche zu digitaler Brieftasche über das Internet oder mittels Übereignung der jeweiligen Brieftaschenspeicher erfolgt.

Eine weitere Dienstleistung der Banken ist die Kreditvergabe. Diese würde im Falle der Kryptowährungen prinzipiell so funktionieren, wie mit herkömmlichen Währungen auch. Allerdings fällt hier das Monopol der Banken weg, dass ausschließlich sie Geld von den Zentralbanken leihen dürfen. Die Bank muss die Kryptowährung also auf einem regulären Markt einkaufen oder eintauschen. Das dürfte sich kaufmännisch kaum rechnen und bringt zu viele Nachteile mit sich. Ein Lösungsansatz dafür ist die Kreditvermittlung von einer Person zu einer anderen Person, wobei die Bank hier die Summen poolen und so einzelne Beträge möglicherweise besser steuern könnte. Allerdings würde die Bank das Kreditrisiko tragen oder sie würde es gegen eine Gebühr an die einzelnen Kreditgeber weiterreichen (ähnlich wie das Verbriefen von Kreditschulden). Damit würden Kredite entweder sehr teuer werden, da gleich zwei Parteien ein Stück vom Kuchen abhaben wollen, oder aber die Bank muss ihre Marge im Privatkreditgeschäft massiv reduzieren. Außerdem dürfte das Weitergeben des Kreditrisikos die meisten Geldgeber abschrecken. Weiterhin dürften beide Szenarien unwahrscheinlich sein, da es bereits Plattformen zur Vermittlung von Krediten zwischen kapitalsuchenden und Kapitalgebenden Parteien gibt (Stichwort P2P-lending). Dafür alleine braucht es im Grunde also keine Bank (mit teurer Banklizenz). Banken könnten hier höchstens als zusätzliche Marktteilnehmer auftreten. Dazu müssten sie allerdings ihr hohes Ross verlassen, was derzeit gelinde gesagt fraglich sein dürfte.

Die letzte große Bastion der Banken sind die Sparer und Anleger. Ein Vorteil der Banken für Sparer war bisher die Sicherheit des eingelegten Geldes. Die Bank galt und gilt als Aufbewahrungsort ohne Risiko für den Sparer. Eine Dienstleistung könnte damit die Sicherung des Inhalts digitaler Brieftaschen sein. In diesem Fall stellt sich die Frage danach, wer diese Sicherheit bezahlt und wie das „Mehr“ an Sicherheit realisiert werden soll. Auch hierfür braucht es prinzipiell keine Bank. Anbieter für sichere Cloudspeicher gibt es und das größere Risiko liegt ohnehin im Datentransfer und nicht in der Speicherung. Dennoch könnten Banken die digitalen Brieftaschen verwahren oder als eine Art Clearingstelle dafür fungieren.

Die Entwicklung von Kapitalanlageprodukten speziell für Kryptowährungen stellt hingegen eine interessante Sache dar. Denn eine weitere Frage, die man sich dringend stellen sollte, ist die Frage nach der Weiterentwicklung von Kryptowährungen. Bisher sind sie ja noch recht phantasielos und funktionieren, rein theoretisch, wie gängige Währungen auch. Vorstellbar wäre aber beispielsweise auch die Verbindung von Kryptowährungen mit Sachwerten, Unternehmensanteilen und Patenten oder Lizenzen. Damit würde die Kryptowährung vom ausschließlichen Zahlungsmittel zum Tauschmittel (korrekterweise muss man sagen, dass Kryptowährungen derzeit keine Zahlungsmittel sind, sondern lediglich wie solche verwendet werden). Insbesondere aufgrund zunehmender Akzeptanz für Sharing-Modelle aller Art (Stichwort Shareconomy: Carsharing, Couchsurfing etc.) Derartige Ansätze werden bereits in der Sciencefiction-Literatur beschrieben. In einem Fall übrigens vom gleichen Autor, der 2008 den 3D-Druck sowie Produkte á la Google Glass als Standardwerkzeuge für unser Leben in der aktuellen Zeit beschrieben und damit eine weise Voraussicht getroffen hatte. Banken müssten sich dann vollständig von bisherigen Geschäftsmodellen wegbewegen, wenn sie weiterhin existieren wollen.

Noch sind Kryptowährungen nur in der Nische zuhause. Und möglicherweise werden sie verboten oder verschwinden aus anderen Gründen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie, wie andere neue Dinge auch, zusätzlicher Bestandteil unseres Lebens werden. Für Banken besteht die Herausforderung deshalb im Grunde nicht darin, wie man eine Bank für Kryptowährungen aufbauen kann, sondern darin, wie sie ihren Kunden einen tatsächlichen Nutzen im Kontext der jeweiligen Kryptowährungen bringen kann. Ob es sich dabei um Sicherheitsthemen, Anlageprodukte oder Beratungsdienstleistungen handelt, kommt einerseits auf die Zielgruppe der Bank und andererseits auf die jeweilige Kryptowährung an. Ein promovierter Informatiker hat in diesem Bereich sicherlich andere Bedürfnisse als ein mit Smartphone und Tablet-Computer groß gewordener Handwerker.

Szenarien und Möglichkeiten gibt es viele. Sicherlich sind auch die obigen Ausführungen weder vollständig noch vollständig richtig, geschweige denn als sichere Prognose einzustufen. Sicher dürfte aber sein, dass durch die zunehmende Akzeptanz von direkten Geschäftsverbindungen (z.B. Crowdfunding) zwischen Kunde und Hersteller über das Internet und durch die mit Sicherheit zunehmende Verbreitung von P2P-Finanzdienstleistungen (z.B. Kreditvergabe) das Geldgeschäft nicht so bleiben wird, wie es derzeit ist. Durch diverse Krisen und Fehlverhaltensweisen im Bankensektor ist auch das Vertrauen der Menschen in diesen Wirtschaftszweig stark gesunken. Das Sicherheitsbedürfnis hinsichtlich einer Abkehr der von Inflation und Finanzkrisen betroffenen Währungen existiert. Alleine schon deshalb müssen sich Banken massiv ändern, wenn sie weiterhin existieren möchten. Banken genießen aufgrund völlig unnötiger und an den falschen Stellen greifender Regulierung einen teuren Sonderstatus, der ihnen derzeit gewisse Geschäfte exklusiv zusichert. Allen anderen sind diese Geschäfte verboten. Diese staatlich gesicherte Existenz Kraft eigener Arroganz wird früher oder später fallen, da die Staaten eben aus ihren Bürgern und für ihre Bürger existieren und nicht umgekehrt. Die Welt ändert sich – mit oder ohne Banken – und höchst wahrscheinlich mit irgendwelchen Formen von Kryptowahrungen!

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Realisierung von Visionen für die Bankenzunft

Die meisten Banken, insbesondere die Großbanken, haben in den letzten Jahren keine wirklichen Innovationen produziert. Die letzte wirkliche Innovation war vermutlich die flächendeckende Einführung des Onlinebanking. Anstatt sich den Herausforderungen der veränderten Anforderungen der Kunden zu stellen, hat man stocksteife Systeme eingeführt, die jegliche Individualbehandlung unmöglich machen. Die Möglichkeiten der Vernetzung über das Internet, die direkte Kommunikation und Interaktion mit Kunden sowie die Annäherung an die reale Wirtschaft haben die Großbanken im Großen und Ganzen verschlafen. Großbanken verbinden die meisten Leute heute nicht mehr mit Innovationen, sondern mit Skandalen, Abzocke oder Betrug und einer großen Portion gesichtslosem Desinteresse. Eine dieser vermeintlich unbeweglichen Großbanken ist die Commerzbank.

Die Commerzbank hat in der jüngeren Vergangenheit eher weniger für positive Resonanz in den Medien und an anderen Stellen gesorgt. Insbesondere die staatlichen Hilfen und ein zwar guter, aber leider völlig unpassender Werbespot dürften vielen bekannt sein. Ebenfalls bekannt sind die derzeit laufende Kündigungswelle und der Einbruch des Aktienkurses, infolgedessen man sich nur mit einem Reverse Split oberhalb der 1-Euro-Marke im DAX halten konnte. Umso verblüffender ist es, dass ausgerechnet die Commerzbank nun einen Inkubator (eine Art Gründerzentrum, was zusätzlich u.a. Kapital, Infrastruktur, Expertenwissen und Netzwerke bietet) für FinTech-Startups gegründet hat – passender Weise nicht in Berlin, sondern in der Bankenstadt Frankfurt am Main.

Unter dem Namen Main Incubator GmbH firmiert nun der neue Inkubator, der sich selbst im Slogan als Nr. 1 für Visionäre im Banking bezeichnet. Konkret möchte man Startups im Finanzdienstleistungsbereich unterstützen, was dem Main Incubator Leuchtturmcharakter zusichert. Letztlich ist das Ganze natürlich kein karitatives Unterfangen, sondern dürfte ein Teil des Innovationsmanagements der Commerzbank Gruppe sein. Bis heute existieren nämlich diverse Ansätze, wie Unternehmen (unabhängig von der Branche) Innovationen generieren können, allerdings gibt es keine allgemeingültige Goldrandlösung. Die Ansätze beginnen bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen und reichen über diverse Steuerungsansätze im Projektmanagement bis hin zu eben dieser Förderung von Startups und Ausgründungen. Die Commerzbank macht deshalb nichts völlig neues, sondern greift Instrumente auf, die in anderen Branchen bereits (erfolgreich) existieren.

Inkubatoren existieren in Deutschland mittlerweile viele. Insbesondere für Internetstartups und Technologiegründungen gibt es diverse Angebote. Wenn es um Gründungen mit anderen Ausrichtungen (bspw. Maschinenbau, Biotech, etc.) geht, nennen sich vergleichbare Institutionen nicht zwingend Inkubator, bieten aber im Wesentlichen vergleichbare Leistungen. Explizit für Gründungen im Bereich der Finanzdienstleistung gab es in Deutschland bisher keine Angebote. Die Commerzbank hat in diesem Segment also eine Lücke geschlossen. Man kann der Großbank also nach vielen strategischen und operativen Fehlentscheidungen nun endlich wieder zu einer richtigen Entscheidung gratulieren.

Ob sich das Vorhaben dauerhaft und nachhaltig positiv entwickelt, wird die Zeit zeigen. Allerdings ist die Gründung des Inkubators für FinTech-Startups schon jetzt aus mehrerlei Gründen äußerst positiv zu bewerten. Einerseits weht in Frankfurt jetzt etwas mehr Gründerluft, was bisher vorwiegend anderen Städten vorbehalten war, und andererseits ist es durchaus sinnvoll, dass man Finanzthemen in der Bankenstadt Frankfurt pusht. Der wohl wichtigste Aspekt ist allerdings die Mobilisierung von Personal und anderen Ressourcen zur Schaffung von Innovationen und zur Unterstützung von Startups in der Finanzbranche. Außerdem sendet die Commerzbank damit die Botschaft, dass auch in starren Großbanken noch Leute arbeiten, die nicht nur frei denken, sondern ihre Gedanken auch durch- und umsetzen können und so wirklich den Versuch des Schaffens echter Innovationen anstelle von Bullshit-Bingo-Phrasen unternehmen.

Wenn sich jetzt noch ein paar branchenfremde Personen mehr im Team des Inkubators finden würden, wäre das Ganze ein nahezu perfektes Unterfangen. Immerhin stammt „Deutschlands innovativster Banker“ (Branchenkenner wissen, dass damit Matthias Kröner gemeint ist) nicht aus den eigenen Reihen, sondern aus der Hotel-Branche. Der Computer wurde auch von einem Bauingenieur erfunden. Wenn nun also wirkliche Innovationen im Banking erwartet werden, dann dürfen nicht nur etablierte Banker die Investitions- oder Unterstützungsentscheidungen treffen. Im Ansatz sind branchenfremde Mitglieder im Team des Inkubators erkennbar, allerdings nicht breit genug aufgestellt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!

In jedem Fall dürfte es spannend werden, welche Startups ab sofort in Frankfurt für die Finanzbranche entwickelt werden. Immerhin eröffnet ein Inkubator mit Großbank im Hintergrund Möglichkeiten, die einem FinTech-Startup sonst nur mit sehr, sehr viel Kapitaleinsatz offenstehen.

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Über den schützenswerten Kleinanleger

Immer wieder ist in den Medien die Rede vom Anlegerschutz. Insbesondere der sogenannte Kleinanleger spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er ist das Top-Schutzobjekt des wilden Regulierungsmobs und scheint für die Kapitalanlageprodukte der Finanzbranche von besonderem Interesse zu sein. Doch wer ist dieser dubiose Kleinanleger überhaupt? Was charakterisiert ihn und welche Anforderungen stellt er an Kapitalanlageprodukte? Warum ist er anscheinend besonders schutzbedürftig und wichtig?

Tut man das, was der durchschnittlich gebildete und aufgeklärte Mensch heutzutage tut, dann „googelt“ man den Begriff Kleinanleger. Eines der obersten Suchergebnisse ist dann der Eintrag Anleger (Finanzmarkt) auf Wikipedia (URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Anleger_%28Finanzmarkt%29, abgerufen am 23.02.2014 um 21:03 Uhr). Diesem kann man dann entnehmen, dass Kleinanleger auch Retailanleger, Privatanleger oder freie Investoren genannt werden. Es handele sich dabei um „normale“ Einzelpersonen, die häufig nicht über erweitertes Finanzwissen verfügen und deshalb auch besonders zu schützen seien. Eine Quelle für diese Darstellung wird nicht angegeben. Die Informationen sind also wenig hilfreich und aussagekräftig.

Etwas konkreter wird da das Fachjournal Finanzen, welches auf der Internetseite http://www.fachjournal-finanzen.de/thema/kleinanleger (abgerufen am 23.02.2014 um 21:25 Uhr) u.a. schreibt, dass Kleinanleger nur kleine Firmenanteile kaufen. Ein Großteil aller Teilnehmer der Börse sind der Quelle zufolge Kleinanleger. Außerdem schätze man, dass Kleinanleger bei Investitionen bis zu 50.000 Euro investieren. Angeblich werde das Anlagevermögen der Kleinanleger nicht selbst, sondern von der Hausbank verwaltet. Ein Großteil des Vermögens landet dabei in den meisten Fällen in Aktienfonds, da Sie für die Kleinanleger zwar nicht die größten Gewinne versprechen, aber ein im Verhältnis geringes Risiko sind. Auch in diesem Fall werden keine Quellenangaben aufgeführt.

Zieht man das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) (http://www.gesetze-im-internet.de/kagb/, abgerufen am 25.02.2014 um 21:45 Uhr) heran, wird die Definition dann nochmals konkreter. Darin wird zwischen Privatanlegern, semiprofessionellen und professionelle Anlegern unterschieden. Der Privatanleger dürfte also dem entsprechen, was man als Kleinanleger versteht. Als Privatanleger gilt jeder Anleger, der nicht semiprofessioneller oder professioneller Anleger ist. Die kleinste Stufe oberhalb des Privatanlegers ist der semiprofessionelle Investor. Seine Zulassungsschranken stellen demnach die obere Grenze des Privatanlegers dar. Bei semiprofessionellen Anlegern werden drei Zulassungskriterien genannt. Das schwächste ist, dass man mindestens 200.000 Euro in einem Investment investiert, eine gewisse Sachkunde nachweist und diverse Erklärungen darüber schriftlich abgibt. Ein starkes Zulassungskriterium, welches keine Sachkunde erfordert ist, dass man mindestens 10 Mio. Euro in eine Anlage investiert. Einen Kleinanleger kennt das Gesetz übrigens nicht!

Stark vereinfacht kann man also zusammenfassen, dass alle als Privatanleger (=Kleinanleger) gelten, die einzelne Kapitalanlagen mit weniger als 200.000 Euro tätigen. Für den durchschnittlichen Angestellten dürfte dieser Betrag alles andere als klein sein. Selbst ein Betrag von 50.000 Euro, der vom Fachjournal Finanzen (vgl. oben) aufgeführt wird, dürfte für den durchschnittlichen Angestellten hoch und ebenfalls alles andere als Klein sein.

Wenn man sich jetzt die Frage stellt, was diese Privatanleger auszeichnet, so muss man eigentlich stark unterscheiden. Handelt es sich um Personen mit niedrigen bis mittleren Einkommen oder um Personen, die ein überdurchschnittliches Einkommen erzielen.

Geringverdiener, die regelmäßig sparen und einzelnen Kapitalanlagen von maximal 10.000 Euro tätigen, dürften sehr stark an einer möglichst sicheren Anlage interessiert sein, da sie lange für den Anlagebetrag sparen mussten. Der Betrag von 10.000 Euro ist für sie keinesfalls klein. Der Verlust stellt einen enormen wirtschaftlichen und persönlichen Schaden dar und kann existenzgefährdend sein.

Personen mit kleinen bis mittleren Einkommen, die größere Geldbeträge erben oder nach längerer Laufzeit die private Altersvorsorge ausgezahlt bekommen, stellen eine schwierig einzuordnende Personengruppe dar. Stehen einer Person, die zeitlebens nur über wenig Geld verfügte, nun größere Geldbeträge zur Verfügung, so muss man davon ausgehen, dass viele von Ihnen an den Umgang mit einer größeren Menge Geld nicht gewöhnt sind. Eine mögliche Konsequenz könnte Leichtsinnigkeit im Umgang damit sein oder aber eine besondere Anfälligkeit für Betrüger. Handelt es sich um Kapital, welches zwingend für die Altersvorsorge gedacht ist (bspw. die geerbte Immobilie oder die fällige Lebensversicherung), dann stellt der Verlust des eingesetzten Kapitals, selbst wenn es nur zu einem Teil der Fall ist, eine existenzielle Bedrohung dar.

Anleger mit mittleren bis hohen Einkommen dürften Beträge von bis zu 50.000 Euro investieren. Dieser Personenkreis verfügt über eine solide finanzielle Ausstattung und kann auch Verluste in dieser Größenordnung verkraften, ohne damit die eigene Existenz zu gefährden. Als besonders schützenswert muss man diesen Personenkreis nicht einstufen. Üblicherweise dürften, abgesehen von einigen Ausnahmen, Personen mit einem hohen Einkommen auch über ein entsprechendes Finanzwissen verfügen.

Es zeigt sich doch recht deutlich, dass der Begriff Kleinanleger, wie er in der öffentlichen Diskussion meist verwendet wird, nicht ansatzweise so undifferenziert zu verwenden ist. Auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber Personen als Privatanleger bezeichnet, die in einzelnen Investments weit mehr als 100.000 Euro anlegen, dürfte für den Großteil der Bevölkerung unverständlich sein. Personen, die nur über kleine Einkommen und ein geringes Finanzwissen verfügen, stellen hingegen eine Personengruppe dar, die in der Tat als Kleinanleger zu bezeichnen ist. Diese Personengruppe sollte in der Tat auch als besonders schutzbedürftig eingestuft werden. Anleger, die ohne Erbschaften oder Lotteriegewinne aus ihrem regulären Einkommen regelmäßig Investitionen über 50.000 Euro tätigen können, dürften in Anbetracht der heutigen Informationsmöglichkeiten durchaus in der Lage sein, sich über ihre Anlage im Vorfeld ausreichend über Risiken und Nebenwirkungen informieren zu können. Eine besondere Schutzbedürftigkeit, die der Gesetzgeber hier unterstellt, ist eigentlich nicht mehr gegeben.

Empfehlenswert wäre es, wenn man die Anlegerkategorien nicht in Privatanleger (sozusagen das, was man als Kleinanleger bezeichnet), semiprofessionelle und professionelle Anleger einzuteilen, sondern das tatsächliche Fachwissen der jeweiligen Investoren dazu heranzuziehen würde. Wir erlauben ja auch Menschen ohne Schulabschluss das Führen von unverhältnismäßig teuren Kraftfahrzeugen. Etwas mehr Selbstbestimmung anstelle des um sich greifenden Regulierungswahns darf es ruhig sein in Deutschland!

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Warum Deutschland nicht noch mehr überflüssige Regulierung braucht

In der Angelegenheit um die Unternehmensgruppe PROKON wurden heute und in den letzten Tagen weitere Details bekannt. So wusste laut Handelsblatt (http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/anleger-und-verbraucherrecht/anlegerrecht-spielraeume-sind-nicht-vorhanden-seite-all/9435092-all.html, abgerufen am 05.02.2014 um 18:00 Uhr) die BaFin angeblich bereits vor Jahren von den Liquiditätsproblemen der Unternehmensgruppe PROKON. Diese Liquiditätsprobleme konnten aufgrund der Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs sowie aufgrund der Finanzierung von Anlagen und Anlegerrenditen entstehen. Darüber hinaus wurde der Unternehmensgruppe ein „bankähnliches Geschäft“ unterstellt, worauf eine Auflösung alter Fonds gefordert wurde, was wiederum mit Kosten verbunden war. Das nötige Kapital dafür wurde durch die Ausgabe von Genussrechten eingesammelt. Das alles geschah mit dem Wissen der BaFin ohne ernsthafte Konsequenzen für PROKON. Das Nichteinschreiten der Aufsichtsbehörde wird damit begründet, dass aufgrund der Sachlage weder eine Handlungsgrundlage noch eine Zuständigkeit vorlag. Diese Haltung muss mehr als kritisch gesehen werden. So hat auch die BaFin und ihre Mitarbeiter beim begründeten Verdacht (wenn also Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass…) von strafbaren Handlungen die Möglichkeit, zuständige Stellen (z.B. Staatsanwaltschaft, etc.) zu informieren. Diese sind dann ggf. sogar verpflichtet, dem Sachverhalt nachzugehen. Im Fall PROKON wäre dann bereits 2005 die zuständige Staatsanwaltschaft zu informieren gewesen, da hier „bankähnliche Geschäfte“ ohne Zulassung stattfanden oder wenigstens ein Anfangsverdacht dafür bestand, und Bankgeschäfte ohne Erlaubnis nach § 54 KWG strafbar sind. Kurz gesagt: da hat jemand gewaltig gepennt!

Bereits mehrfach wurde in diesem Blog auf die Wirkungslosigkeit und die Absurdität einer Prospektpflicht und die damit verbundene Regulierung verwiesen. Dank PROKON wird dieser Sachverhalt nun auch auf breiter Front in der Öffentlichkeit entlarvt. Die Prospektpflicht dient derzeit alleine drei Dingen:

  1. Die staatlichen Stellen können ihre Hände in Unschuld waschen und darauf verweisen, dass man der nötigen gesetzlichen Verpflichtung nachgegangen ist.
  2. Unternehmen können ihre Wertpapiere, egal wie schwachsinnig sie noch sind und losgelöst von jeglicher Seriosität des Geschäftsbetriebs, mit dem „Geprüft-Siegel“ der BaFin bewerben und Anlegern/Investoren so Sicherheit 8selbst bei einem möglichen Totalverlust) vorgaukeln.
  3. Eine ganze Schar Anwälte, Berater und nicht zuletzt der Staat verdienen hervorragend an der Prospektpflicht.

Da die Prospektpflicht in ihrer derzeitigen Form folglich als völlig wirkungsloses Geldvernichtungsinstrument zum Schaden der Anleger und Investoren eingestuft werden muss, sollte sie dringend abgeschafft oder vollständig überarbeitet werden!

Ein weiteres Problem, was durch die Angelegenheit im PROKON deutlich wird, ist die komplizierte Zuständigkeitsstruktur für unterschiedliche Geldgeschäfte. So werden Bankgeschäfte je nach Art und Weise beispielsweise über die BaFin oder die Bundesbank beaufsichtigt. Die BaFin ist aber auch für die Billigung der Wertpapierprospekte nicht weiter stärker regulierter Unternehmen zuständig. Die Vermittlung von Kapitalanlagen und Darlehen für Immobilienfinanzierungen hingegen wird über die Gewerbeordnung geregelt und über die örtlichen Industrie- und Handelskammern geregelt. Die Anlageberatung bedarf aber wiederum einer ausschließlichen oder zusätzlichen Genehmigung im Sinne des KWG durch die BaFin. Und diese beschriebenen Sachverhalte sind noch keinesfalls vollständig und für alle Möglichkeiten richtig! Wenn man sich jetzt noch die Schnittstellen zwischen den einzelnen Akteuren vorstellt, wird schnell klar, dass diese Trennung schlicht und einfach Quatsch ist und außer Chaos nichts bringt – am allerwenigsten aber Anleger- und Verbraucherschutz. Wie problematisch daher auch die Handlungs(un)sicherheit der Unternehmen und Selbständigen in diesen Geschäftsbereichen ist, wird ebenfalls klar.

Ein weiteres Problem ist der Vertrieb von Kapitalanlagen und die damit im Zusammenhang stehende Aufklärung über Chancen und Risiken. Häufig wird in diesem Kontext der graue Kapitalmarkt als Bösewicht aufgeführt, der ausgedünnt werden müsse. Das ist so allerdings totaler Quatsch. Erstens ist die Grenze zwischen dem grauen und dem weisen Kapitalmarkt mittlerweile nicht mehr eindeutig zu ziehen, zweitens ist der weiße Kapitalmarkt Kraft eigener Arroganz und teurer Regulierung keinesfalls als seriöser oder anlegerfreundlicher einzustufen. Im Artikel Klarverträge für Kapitalanlagen wird eine Lösungsmöglichkeit für die Problematik der Risikoaufklärung aufgezeigt.

Im Sinne einfacher Handhabungen und einer möglichst sinnvollen, schlanken, wirkungsvollen und kostengünstiger Regulierung sollten einige Aspekte im Kontext von Kapitalanlagen einfach neu überdacht werden. Dazu gehört beispielsweise das Thema der Zulassung und Überwachung von Kapitalanlagen. Wertpapierprospekte, deren Erstellung und Billigung große fünfstellige bis kleine sechsstellige Beträge kostet, die gleichzeitig aber wirkungslos sind, müssen abgeschafft werden. Damit Unternehmen aber nicht völlig willkürlich ohne jede Kontrolle Kapitalanlagen auf den Markt schmeißen, sollte eine einfache Registrierung für die Zulassung ausreichen. Gleichzeitig müssen die Unternehmen dazu verpflichtet werden, dass sie ihre Finanzen inklusive der Summe des eingesammelten Kapitals offenlegen müssen – und zwar ausnahmslos und für JEDERMANN verständlich. Auch eine derartige Offenlegung passt auf eine DIN A4 Seite bei Schriftgröße 11 mit 1,3-fachem Zeilenabstand.

Sein wir doch mal ehrlich. Selbst die Offenlegungspflichten börsennotierter, überregulierter Unternehmen sind für den durchschnittlichen Anleger überhaupt nicht nachvollziehbar und verständlich. Wenn man jetzt andere Unternehmen zwingt, ebenfalls Wirtschaftshieroglyphen und Businesskauderwelsch zu veröffentlichen und diese dann mit ein paar Begriffen aus dem Bullshit-Bingo testieren zu lassen, dann bewegt man sich vom Regen in die Traufe!

Um den Anlegerschutz zu verbessern sollten gewisse Kapitalanlagen zunächst mal verboten werden. Lotteriescheine haben als seriöse Investments keinerlei Daseinsberechtigung. Das gilt für Zertifikate aller Art, verklausulierte Genussrechte und Anleihen sowie strukturierte Finanzprodukte generell. Warum muss man außer Eigenkapital und Darlehen noch weitere Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme schaffen?

Im Falle risikobehafteter Kapitalanlagen wäre zur Beurteilung ein Ampelsystem denkbar, was zwischen einem grünen Punkt für Einlagensicherung und völlig frei von Gebühren bis hin zu einem roten Punkt für die Möglichkeit eines Totalverlusts reicht. Diese Sachverhalte sollten außerdem auf Werbe- und Vertragsunterlagen verpflichtend sein. So würde ein Hochglanzprospekt mit schönen Häusern, schicken Menschen, teuren Autos und Uhren, Windrädern, Wäldern, Robbenbabys oder dem Ozean jeweils auf jeder Seite das Ampelsymbol tragen müssen. Die Vertragsunterlagen ebenfalls. Vergleichbar wäre das mit der Tabakwerbung und den Aufdrucken auf Tabakverpackungen.

Zuständig dafür dürfte nur eine einzige Behörde sein, egal ob das Anlageprodukt von einer Bank, einem Fonds oder vom Bäcker um die Ecke emittiert wird! Diese Behörde müsste außerdem die Einhaltung der Aufklärungspflichten überprüfen und im Falle von Nichtbeachtung sanktionieren dürfen. Auch eine Beweislastumkehr für Kapitalanlagen wäre hilfreich, was im Falle von echten Klarverträgen auch keine Benachteiligung für die emittierenden Unternehmen wäre.

Derartige einfache, für alle verständliche und verbindliche Regeln würden neben einem transparenten Finanzplatz außerdem dafür sorgen, dass Unternehmer und Gründer leichten Zugang zu Kapital bekämen und nicht über die teuren und oft intransparenten Akteure der etablierten Finanzbranche gehen müssten.

Bei aller Regulierung dürfen wir nicht vergessen, dass immer die, die am stärksten reguliert waren auch diejenigen waren, die die Finanzkrisen der Vergangenheit ausgelöst haben. Nicht Unternehmen wie PROKON oder die S&K sind diejenigen, die für den Großteil der durch Zockerei und Gier zerstörten Existenzen und kaputten Familien verantwortlich sind und vermutlich für den ein oder anderen Selbstmord gesorgt haben, sondern die, die von einer weiteren Regulierung profitieren würden, da sie als systemrelevant gelten.

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Warum die BGH-Entscheidung bezüglich der SCHUFA-Berechnungen eine Frechheit ist

Heute wurde über die Pressestelle des BGH in Karlsruhe mitgeteilt, dass die SCHUFA ihre Berechnungsvorschriften für die Scorewerte nicht offenlegen muss, da sie vom Geschäftsgeheimnis geschützt seien. Für die Bevölkerung, die sich den Machenschaften des Unternehmens nicht entziehen kann, ist das ein Schlag ins Gesicht – und zwar aus mehreren Gründen.
So ist beispielsweise die Argumentation des SCHUFA-Anwalts äußerst fragwürdig. Laut Handelsblatt online (http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/anleger-und-verbraucherrecht/umstrittenes-scoring-bgh-weist-klage-gegen-schufa-ab-seite-all/9397106-all.html, abgerufen am 28.01.2014 um 21:07 Uhr) verweist der Anwalt der SCHUFA auf „wissenschaftlich anerkannte statistisch-mathematische Verfahrensweisen“. Der aufgeklärte Bürger müsste spätestens jetzt aufschreien, da als wissenschaftlich anerkannt nur das gelten kann, was auch wissenschaftlich publiziert wurde – also öffentlich zugänglich ist. Auch muss laut Bundesdatenschutzgesetz dargelegt werden, wie die Scoringwerte zustande kommen. Ohne eine Offenlegung des Verfahrens geht das aber nicht. Selbst dann, wenn die Datenbasis einer Person offengelegt wird, stellt das noch lange keine schl+ssige Erklärung dar.
Mit dem Urteil wurde die Position der SCHUFA gegenüber den Personen gestärkt, über die das Unternehmen Daten sammelt. Das ist mehr als kritisch! Denn die SCHUFA ist eine marktdominierende Institution, der sich kein Normalverbraucher auch nur ansatzweise entziehen kann. Eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist ohne das Wirken dieses Wirtschaftsunternehmens faktisch nicht möglich.
Dem Unternehmen wurde die Geheimhaltung ihrer Berechnungsvorschriften für Scorewerte als Geschäftsgeheimnis zugestanden. Das ist zunächst einmal in Ordnung. Ein Score, dessen Entstehung aber nicht nachvollziehbar ist, kann aber auch nicht als Grundlage für die Kreditwürdigkeit herangezogen werden! Das sollte auch das BaFin entsprechend klarstellen. Denn ein Scorewert ohne die Möglichkeit der Überprüfung des Zustandekommens ist mit Kaffeesatzleserei vergleichbar. Es ist bei gleichbleibender Haltung der SCHUFA also egal, ob eine Bank das Kreditscoring auf Basis ihrer Daten durchführt oder aber eine Kristallkugel kauft, den Wert auswürfelt oder mittels Wünschelrute auspendelt.
Gerade für die stark regulierten Banken ist das ein Problem. Der Gesetzgeber erwartet, dass Banken ihre Darlehen nur an kreditwürdige Kreditnehmer vergeben. Diesen Sachverhalt regelt § 18 KWG. Darin heißt es u.a.:
„Die Institute prüfen vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags oder eines Vertrags über eine entgeltliche Finanzierungshilfe die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers. Grundlage können Auskünfte des Verbrauchers und erforderlichenfalls Auskünfte von Stellen sein, die geschäftsmäßig personenbezogene Daten, die zur Bewertung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern genutzt werden dürfen, zum Zweck der Übermittlung erheben, speichern oder verändern.“
Banken dürfen (und müssen ggf.) also Auskunfteien, wie die SCHUFA, nutzen, um die Bonität ihrer Kreditnehmer zu prüfen. Wenn jetzt aber ein Kreditscoring durchgeführt wird, dessen Ergebnisse nicht nachvollziehbar sind, dann verstoßen die Banken gegen die Verpflichtung einer ordentlichen Bonitätsprüfung. Solange man die Scoringwerte nicht nachvollziehen kann, ist eine Bonitätsprüfung auf ihrer Basis nämlich schlicht und einfach nicht möglich!
Da die SCHUFA ihre Auswertealgorithmen nicht offenlegt, kann auch nicht gesagt werden, ob das von ihr durchgeführte Scoring deterministisch oder stochastisch ist. Die Frage, ob eine gleiche Datenbasis zu gleichen Scorewerten führt, kann also nicht beantwortet werden. Damit verstoßen alle, die diese Werte verwenden, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Man kann jetzt natürlich argumentieren, dass die SCHUFA ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist und auch niemand auf die Idee kommen würde, auf Offenlegung der Rezeptur von Coca Cola zu klagen. Das ist richtig. Es kommt aber auch niemand auf die Idee eine Baufianzierung, den Abschluss eines Mobilfunkvertrages oder eines Mietvertrages von meinem Colakonsum abhängig zu machen. Gleichzeitig werde ich beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags nicht dazu gezwungen, Häufigkeit, Trinktemperatur und Uhrzeit meines Colakonsums an Coca Cola zu melden.
Insbesondere die Tatsache, dass dieses in quasi keiner Form regulierte Unternehmen massiven Einfluss auf das Geschehen in der Kreditwirtschaft hat, macht die Sache regelrecht gefährlich. Man fordert einerseits von den Banken Transparenz und reguliert sie bis zum Erbrechen, andererseits werden Geschäftsentscheidungen eigentlich regulierter (systemrelevanter) Geschäfte von nicht regulierten Glaskugelzahlenwerten abhängig gemacht. Mit Verbraucherschutz hat das nichts zu tun! Die Banken wollen, dass ihre Kunden ihnen vertrauen. Dabei ist Transparenz unbedingt erforderlich. Andernfalls kann auch kein Vertrauen aufgebaut werden.
In anderen systemrelevanten Wirtschaftsbereichen müssen Firmen auch entweder ihre Prozesse offenlegen oder nachweisen, dass die Prozesse die entsprechenden Resultate liefern. Im Fall der SCHUFA ist beides faktisch nicht der Fall!
Bankkunden, Mieter und Menschen, die telefonieren wollen, werden sich vermutlich weiterhin den Machenschaften der SCHUFA aussetzen müssen und werden vom Gesetzgeber weiterhin nicht geschützt. Traurig, dass sowas mit gerichtlicher Unterstützung möglich ist. Auch die unternehmerische Ehre der SCHUFA oder der Grundsatz ehrlicher Geschäftsleute ist offenbar nicht vorhanden. Andernfalls würde man sich nicht auf die gleiche Stufe mit Kartenlegern, Kaffeesatzlesern und anderen Scharlatanen begeben.

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PROKON und der populistische Schwachsinn

In den vergangenen Wochen ist die PROKON Unternehmensgruppe durch negative Meldungen in den Medien aufgefallen. Die Unternehmensgruppe investiert(e) Anlegergelder in Projekte, die dem Bereich der erneuerbaren Energien* zugeordnet werden. Das Geld wurde überwiegend über sogenannte Genussrechte eingesammelt, die dem Anleger eine Zinssatz zusicherten, gleichzeitig aber auch am Verlust beteiligten. Nun scheint es so zu sein, dass das Unternehmen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht. In diesem Fall würden viele Anleger große Verluste verkraften müssen. Unterschiedlichen Meldungen zufolge liegt der Betrag des von PROKON eingesammelten Kapitals irgendwo zwischen 1,2 Mrd. und 1,4 Mrd. Euro. Das einsammeln dieses stattlichen Betrags erforderte ein sogenanntes Wertpapierprospekt, welches durch das BaFin formal geprüft und gebilligt wurde. PROKON hat also alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und ist sozusagen als reguliert anzusehen.
Da nun Anlegergelder gefährdet sind, schreit der wilde Mob natürlich wieder nach härteren Gesetzen und schnell fallen Formulierungen, die PROKON Betrug unterstellen. Möglicherweise ist nicht alles einwandfrei verlaufen, das mag sein. Wenn das so sein sollte, müssen die Verantwortlichen zu Rechenschaft gezogen werden. Noch steht diesbezüglich aber noch nichts fest.
Eine viel wichtigere Frage ist, weshalb ein Prospekt, welches zwar „nur“ formal geprüft wird, überhaupt gebilligt wird, wenn es doch ach so furchtbar ist. Wenn man so argumentiert, dann dürften aber die meisten Wertpapierprospekte nicht mehr gebilligt werden dürfen, da es eine Großzahl noch sehr viel schwachsinnigerer Produkte im Reich von Banken und Konsorten gibt.
Und da genau liegt der Knackpunkt. Solange man „Finanzprodukte“ erlaubt, die weder Eigenkapital oder Darlehen sind und einen hohen Erklärungsaufwand benötigen, führt man jegliche Regulierung sowie Aufklärungs- und Publizitätspflichten ad absurdum. Dies haben aber weder Schildbürger an den bundesdeutschen Stammtischen noch die von ihnen gewählten Politiker verstanden.
Laut Handelsblatt fordern nun wieder einige populistisch (oder gar nicht?) denkende Politiker eine weitere Regulierung der Finanzbranche. Besagte Quelle (URL: www.handelsblatt.com, abgerufen am 20.01.2014 um 20:00 Uhr) zitiert beispielsweise Herrn Kelber, einen parlamentarischen Staatssekretär im Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerium. Demnach sagte er: „Die aktuelle Debatte um Prokon zeigt, dass der Verbraucherschutz im Bereich des Finanzmarkts gestärkt werden muss.“ Damit hat er zunächst einmal völlig recht. Was dann kommt, hat mit Verbraucherschutz aber wenig zu tun: „Die Finanzaufsicht Bafin sollte möglichst schnell in die Lage versetzt werden, Finanzprodukte zu verbieten oder den aktiven Vertrieb zu untersagen, sofern diese die Finanzmarktstabilität gefährden oder unverhältnismäßige Risiken für Anleger bergen.“ Da hat er etwas nicht verstanden. Solange die Finanzaufsicht die Produkte, deren Wertpapierprospekte sie inhaltlich nicht versteht, überhaupt zulässt, kann sie nicht beurteilen, ob sie eben unverhältnismäßige Risiken bergen. Wenn man derartige Produkte vom Markt nehmen wollen würde, wäre so ziemlich jedes Zertifikat vom Verbot betroffen. Auch Aktien von Unternehmen, deren Geschäftsmodelle etwas komplizierter sind, wie beispielsweise in der Technologiebranche, dürften nicht mehr gehandelt werden (auch nicht außerbörslich). Er postuliert weiterhin, dass jedes Finanzprodukte, auch am grauen Kapitalmarkt, reguliert werden müsse. Da hat er etwas nicht verstanden. Wäre Herr Kelber Funker, würde man ihm wohl „denken, drücken, sprechen“ raten müssen. Jedes Finanzprodukt ist in Deutschland „reguliert“, sofern man sich nicht illegal verhält.
Unsere Behörden haben schon seit Jahren die Möglichkeit, den Geschäftsbetrieb unseriöser Unternehmen zu untersagen und gegen die Verantwortlichen vorzugehen. Wenn ich mich als Hütchenspieler in die Fußgängerzone stelle und die Einsätze als Wertpapier verkaufe, dann darf ich das auch nicht und es wird durch die Exekutive schnell unterbunden werden!
Im Fall von PROKON bleibt abzuwarten, wie die Sache ausgeht. Es muss aber ganz klar gesagt werden, dass das Geschäftsmodell prinzipiell erst mal nicht unseriöser als das einer Deutschen Bank ist. Es kann außerdem nicht sein, dass der Anleger als unmündiger dummer Idiot dargestellt wird, der nicht in der Lage sein darf, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Wer eine Kapitalanlage tätigt, die einen Totalverlust als Risiko beinhaltet, der darf sich am Ende auch nicht beschweren, wenn er einen Totalverlust erleidet! Hohe Renditen sind mit hohen Risiken verknüpft. Es ist auch (leider) völlig normal, dass hin und wieder mal eine Firma die Insolvenz anmelden muss.
Der Fall PROKON macht außerdem deutlich, dass die Prospektpflicht abgeschafft werden muss, da sie im Zweifelsfall niemandem auch nur ansatzweise einen Vorteil verschafft.
Was die Finanzbranche jetzt beim besten Willen nicht braucht, ist eine Diskussion über weitere Regulierung! Im Wesentlichen gehört die Prospektpflicht abgeschafft und komplexe Finanzprodukte müssen schlicht und einfach verboten werden! Alles, was so komplex ist, dass es nicht auf einer DIN A4 Seite erklärt werden kann, kann keinesfalls als seriöse und verbraucherfreundliche Kapitalanlage verkauft werden. Diese Forderung wurde bereits im Artikel Klarverträge für Kapitalanlagen aufgeworfen.
Falls politisch motivierte Populisten nun tatsächlich Gehör bekommen sollten und man den Zugang zum Kapitalmarkt weiter erschweren sollte, dann ist das kein Anleger- oder Verbraucherschutz, sondern Protektionismus für die etablierte Finanzbranche.

*Anmerkung des Autors: die Bezeichnung erneuerbare Energien ist astreiner Schwachsinn und wird hier nur verwendet, um keine ermüdenden Erklärungen erarbeiten zu müssen.

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LIBOR-Skandal, Zuverlässigkeitsbegriff, KWG und so…

Der LIBOR-Skandal, wie ihn die Presse nennt, hat die EU-Kommission dazu gebracht eine Rekordgeldbuße von insgesamt 1,7 Mrd. Euro zu verhängen, die von den beteiligten Banken gezahlt werden muss. Beteiligte sind u.a. die Deutsche Bank, die RBS sowie andere namhafte internationale Unternehmen, die teilweise wegen Aufklärungs-Deals ohne Bußgelder davonkamen. Der Stammtisch grölt nun, dass die Strafe noch viel zu gering ausfällt und die Banken diese Summe ohnehin aus den Portokassen zahlen. Die Politik ist verwundert und verurteilt das Verhalten der verantwortlichen aufs schärfste und der Großteil der Bevölkerung nimmt das ganze einfach hin, wie die vielen anderen Demütigungen, welche die Normalbevölkerung durch Großunternehmen und Politik ständig hinnimmt. Den eigentlichen Skandal scheint jedoch niemand zu erkennen oder aber eben nicht erkennen zu wollen oder erkennen zu dürfen: geltendes Recht wird quasi folgenlos gebrochen. Was Privatpersonen und kleinere Unternehmen, also nicht als systemrelevant geltende, die Existenz kostet, wird bei Großbanken mit einer für sie nicht systemrelevanten Geldbuße abgetan.

Kern des LIBOR-Skandals ist, dass die am Skandal beteiligten Banken mehrere Referenzzinssätze manipuliert haben sollen. Diese Manipulationen sind dauerhaft ohne das Wissen oder die Duldung durch Vorgesetzte nicht möglich. Referenzzinssätze werden u.a. als Bezugsgröße und zur Orientierung bei der Ermittlung von Zinssätzen diverser Geschäfte. Folglich ist durch die Manipulation das Risiko für die Manipulatoren bei gewissen Geschäften geringer. Letztlich haben die beteiligten Banken auf diese Weise Kunden und Geschäftspartner betrogen und so einen nicht unerheblichen Schaden angerichtet.

Wer eine Bank gründen und betreiben möchte, muss eine Erlaubnis dafür haben. Diese ergibt sich u.a. aus dem Kreditwesengesetz. Darin werden im dritten Abschnitt die Vorschriften über die Zulassung und Beaufsichtigung der Institute geregelt. Die Paragraphen §§ 32 – 38 regeln die Zulassung zum Geschäftsbetrieb. Neben diversen anderen Anforderungen heißt es darin, dass bestimmte Personen (bestimmte Führungskräfte) über eine sogenannte Zuverlässigkeit verfügen müssen. Das bedeutet im Wesentlichen, dass sie ein blütenreines Führungszeugnis besitzen müssen. Die Duldung oder Durchführung krimineller Vorgänge als Vorgesetzter führt eigentlich zum Verlust der Zuverlässigkeit und müsste damit zum Versagen der nötigen Erlaubnis zum Betrieb einer Bank führen. Auch, wenn die Bankleiter über die eigentlichen Vorgänge nicht informiert waren, müsste die Tatsache, dass sie ihren Laden nicht im Griff haben ebenfalls dazu führen, dass sie im Sinne des Gesetzes nicht als zuverlässig (im Sinne von § 32 KWG) gelten können! Selbst, wenn dies nicht der Fall ist, so muss der Bank die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb eigentlich dennoch entzogen werden, da sie nach § 33 KWG „nicht bereit oder in der Lage ist, die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte, für die es die Erlaubnis beantragt, zu schaffen.“

Der eigentliche Skandal müsste demnach eigentlich wie folgt formuliert werden:

Eine Bank verfügt nicht über die erforderlichen Voraussetzungen zum Geschäftsbetrieb, die der Gesetzgeber zwingend verlangt. Dennoch verliert sie die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nicht, obwohl die Bankenaufsicht darüber informiert ist und geltendes Recht wird aufgrund von Systemrelevanz außer Kraft gesetzt.

Man stelle sich andere Unternehmen vor, die gegen geltendes Recht verstoßen und dabei erwischt werden. Was passiert mit Gastronomiebetrieben, die wesentliche Hygienevorschriften nicht beachten? Was wäre, wenn ein Sicherheitsunternehmer, der für die Bank bewaffnete Geldtransporte durchführt, seinen Angestellten Alkoholkonsum während der Arbeitszeit durchgehen lassen würde? Wie verhält es sich, wenn der Leiter eines Krankenhauses nicht prüft, ob die angestellten Ärzte über eine Approbation verfügen und das rauskäme? In allen Fällen würde der Geschäftsbetrieb untersagt, solange die Mängel nicht nachweislich abgestellt wären. Warum es im Fall von Großbanken anders gehandhabt wird, ist nicht ansatzweise vermittelbar. Die Aufsichtsbehörden lassen sich vorführen und verlieren auf diese Weise sowohl ihre Autorität und Glaubhaftigkeit als auch ihre Existenzberechtigung!

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Der erhobene Zeigefinger warnt den Schwarm

Crowdfunding (oder auch Crowdinvesting) als Werkzeug der Unternehmensfinanzierung war eines der heißesten Themen im vergangenen Jahr. Die Branche der Schwarmfinanzierer ist im Jahr 2013 weltweit stark gewachsen. Mittlerweile gibt es sowohl Plattformen für die Finanzierung von Startups als auch Plattformen für die Kapitalanlage in bereits etablierte Unternehmen. Neben vielen Befürwortern und Fans der Schwarmfinanzierung haben sich aber auch etliche Skeptiker und Kritiker zu Wort gemeldet.

Einer der Hauptkritikpunkte war die fehlende Regulierung und die Umgehung der Prospektpflicht. Auch die angeblich intransparente Unternehmensbewertung wurde häufig kritisch hinterfragt. Nicht zuletzt wurde auch die Tatsache kritisch aufgefasst, dass die Finanzierungen teilweise binnen weniger Stunden vollzogen wurden, sodass Anleger nur unter Zeitdruck investieren konnten und dadurch einem Druck ausgesetzt sind, der angeblich eine ausreichende Information und Überprüfung des Investments unmöglich macht.

Das Jahr 2014 hat bisher primär Berichte über die Crowdfunding-/Crowdinvsting-Highlights des vergangenen Jahres und Prognosen für das aktuelle Jahr hervorgebracht. Aber auch der erhobene Zeigefinger der Skeptiker und Kritiker wurde bereits wieder erhoben. So widmen die VDI nachrichten in ihrer Ausgabe vom 10. Januar 2014 gleich eine ganze Seite fast ausschließlich dem erhobenen Zeigefinger und der damit angesprochenen German Angst.

In mehreren Artikeln wird dort über das Thema Crowdfunding (Crowdinvesting) berichtet. Besonders intensiv wird die Problematik der Bewertung aufgegriffen. Man muss natürlich zugeben, dass die aufgeführte Kritik an der gängigen Bewertungspraxis der meisten Crowdfunding-Plattformen berechtigt ist. Diese soll dazu führen, dass Investoren nicht in dem Maße am Unternehmenserfolg beteiligt werden, wie es eigentlich wünschenswert wäre. Ursächlich dafür wird u.a. die Renditeermittlung mittels EBIT verantwortlich gemacht. Der schwerwiegendste Kritikpunkt daran sei, dass die Unternehmen diese Größe beeinflussen könnten. Das ist zwar richtig, allerdings wird ein wesentlicher Punkt beim Crowdfunding vergessen: die Crowd ist nicht nur Geldgeber, sondern auch kostenlose Marketingmaschine und in vielen Fällen Kunde. Welches Unternehmen wird leichtfertig Kunden verprellen und eine kostenlose Marketingmaschine in einen unkalkulierbaren Shitstorm überführen wollen? Dieser Sachverhalt dürfte (naja, sollte) auch institutionellen Investoren klar sein, die ihren Einstieg auf Kosten der Kleinanleger deshalb nicht so gierig gestalten können, wie sonst oft üblich. Abgesehen davon ist die Berechnung von Renditen anderer Investitionen auch nicht ausnahmslos frei von Kritikpunkten!

Was außerdem vergessen wird ist, dass schon die Unternehmensbewertung eines Startups im Vorfeld der eigentlich kritische Faktor ist. Bei etablierten Unternehmen ist das weniger kritisch, da hier Bilanzen und oftmals andere Bewertungen vorliegen. Im Fall eines Startups sind jedoch sehr viele Dinge überhaupt nicht bewertbar. Das ist riskant und die Gefahr einer Überbewertung groß. Allerdings ist das auch bei vielen anderen Unternehmen der Fall, die an der Börse gehandelt werden. Beispielsweise bei Internetunternehmen, Rohstoffunternehmen oder in entwicklungsintensiven Branchen, wie der Pharma- oder Chemiebranche sowie bei Unternehmen, die Hightech entwickeln. Deshalb ist dieser Sachverhalt kein Negativkriterium für Crowdfunding, sondern ein generelles Risiko bei Kapitalanlagen in Unternehmen.

Es wird außerdem angeführt, dass die die Gefahr für eine Ernüchterung bei der Auszahlung der Renditen groß ist. Das kann man so nicht stehen lassen. Dafür müsste man zunächst offenlegen, ab wann ein Anleger ernüchtert wird. Sind 20 % Rendite schon zu wenig für einen Investor oder reicht einem aus Überzeugung handelnden Anleger die Tatsache zur Befriedigung aus, wenn man die Einlage in einem risikobehafteten Umfeld (Startups) zurückbekommt und dabei einem jungen Unternehmen geholfen zu haben?

Die reißerische Überschrift, dass man beim Crowdfunding kaum reich werden könnte ist ebenfalls irreführend. Immerhin stehen selbst bei einer Investition von 5.000 € (was für Kleinanleger beim Crowdfunding eine mehr als respektable Summe ist) und einer Verzehnfachung lediglich 50.000 € im Raum stehen. Das ist zwar viel Geld, bedeutet aber noch lange keinen Reichtum.

Ein weiteres Thema, welches auf der Seite erörtert wird, ist ein alter Kritikpunkt: die emotionale Anlageentscheidung unter Zeitdruck. Die Doktorandin Alexandra Moritz, die vor ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin für Banken arbeitete, beschreibt in einem kurzen Interview den Ablauf der Risikobeurteilung durch die Crowd-Investoren. Sie bemängelt insbesondere, dass der Großteil der Anleger nicht viel von Unternehmensbewertung versteht. Diese Kritik ist allerdings unangebracht, da sie auch beim Kauf von Aktien, Fondsanteilen oder sonstigen Wertpapieren, die an die Realwirtschaft gekoppelt sind zutrifft. Daher hinkt auch der gebrachte Vergleich mit der Risikoaufklärung der Banken im Fall von strukturierten Derivaten. Der Zeitdruck, der bei manchen Investments entstehen kann ist allerdings problematisch. Jedenfalls ist es dann kritisch, wenn man vor der Anlageentscheidung keine ausreichenden Informationen zur Verfügung hat. Aber auch hier muss man wieder den Vergleich zur etablierten Finanzbranche suchen, wo teilweise bewusst Druck aufgebaut wird, um gewisse Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen.

Auch, wenn viele Kritikpunkte keine wirkliche Crowdfunding-spezifische Kritik darstellen, sollte die Branche diesen erhobenen Zeigefinger ernst nehmen. Es wird eine größer werdende Anzahl Kritiker geben, insbesondere wenn Erwartungen der Investoren nicht erfüllt werden. Für die Schwarmfinanzierer ist es folglich enorm wichtig, dass genau zwei Punkte beachtet werden. Erstens muss die Kommunikation zwischen Unternehmen und Investoren seitens der Unternehmen regelmäßig, im Fall von Problemen frühestmöglich, und in verständlicher Form stattfinden. Dabei ist Transparenz das oberste Gebot. Zweitens ist eine offene und faire Behandlung der Investoren nötig. Dazu gehören neben regelmäßigen Updates über den aktuellen Gegenwert der Anteile vor allem eine angemessene Gewinnbeteiligung am Ende der Laufzeit – auch beim Einstieg institutioneller Investoren oder dem Exit der ursprünglichen Gründer.

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