Crowdfunding Information Feed Standard

Nachdem das Strohfeuer Crowdfunding (O-Ton der Finanzbranche) mittlerweile eher zu einer Art Flächenbrand geworden ist, steht die Branche der Schwarmfinanzierer vor diversen Herausforderungen. Begonnen hatte die Popularität derartiger Internetplattformen in der Sparte der Finanzierung von primär künstlerischen Projekten. Spätestens seit der Finanzierung technischer Spielereien, die weltweit Anklang fanden, populärer Computerspiele und Filmen kennt quasi jeder regelmäßige Internetnutzer das Prinzip der Schwarmfinanzierung über das Internet. Seit einiger Zeit ist auch das Finanzieren von Startups oder von unternehmerischen Projekten etablierter Unternehmen mittels des genannten Prinzips populär – im D-A-CH-Raum primär unter dem Namen Crowdinvesting. Dadurch kamen langsam aber sicher auch die Feinde jeder Innovation auf den Plan: die Angsthasen und Regulierer. Damit kamen auch die Probleme, welche von den Plattformbetreibern als Herausforderung begriffen werden müssen, wenn sie sich gegenüber der etablierten Finanzbranche behaupten wollen.

Mittlerweile gibt es eine sehr große Anzahl an Crowdfunding- oder auch Crowdinvesting-Plattformen weltweit. Die Umsätze sind so groß, dass die wirtschaftliche Bedeutung nicht mehr einfach wegdiskutiert werden kann. Mit der zunehmenden Masse an Plattformen, vielfältigen vertraglichen Ausgestaltungen und unterschiedlichen Darstellungsarten wird die Übersichtlichkeit und damit die Transparenz für die Investoren jedoch auch zunehmend geringer. Man könnte jetzt natürlich nach dem Gesetzgeber schreien oder sich für vertragliche Standards einsetzen. Das aber ist genau das, was jegliche Innovation tötet. Doch es gibt auch andere Lösungen fernab von Regulierung und Beschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten. Beispielsweise ein Crowdfunding Information Feed Standard.

Die Plattformbetreiber könnten Informationen über ihre Fundings in einer Art Newsfeed verfügbar machen. Auf diese Weise könnten sich Investoren schnell einen Überblick verschaffen und mit Hilfe der gebotenen Informationen unterschiedliche Angebote vergleichen. Diese Feeds könnten eine kurze Zusammenfassung des Fundings liefern und ein paar Eckdaten, wie beispielsweise die Finanzierungsform (Eigenkapital, Genussschein, partiarisches Darlehen, Aktien, Vorfinanzierung eines Produktes, etc.), Mindesteinsatz, Fundingschwelle und Fundinglimit, Finanzierungsphase enthalten. Gleichzeitig wäre es möglich, die unterschiedlichen Fundings zu durchsuchen und sie zu kategorisieren. Für Investoren wäre das ein wertvolles Werkzeug.

Ein derartiger Newsfeed ist natürlich nur dann machbar, wenn eine gewisse kritische Masse der Plattformbetreiber sich dazu zusammenschließen würde. Ob das im Interesse der Plattformbetreiber ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Jedenfalls zu einem gewissen Grad darf bezweifelt werden, dass ein solcher Newsfeed im Interesse der Plattformbetreiber ist, da zu viel Transparenz evtl. auch Schwachstellen der Kapitalsuchenden und möglicherweise auch der Plattformen offenbart. Allerdings wäre eine solche Maßnahme ein Zeichen an die etablierten Finanzstrukturen, dass auch auf der Seite der Schwarmfinanzierer eine Lobby entsteht, die man nicht weiter ignorieren darf. Gleichzeitig wäre es ein Schritt in Richtung Professionalität. Dem Gesetzgeber würde man auf diese Weise entgegenkommen, indem man sich ohne gesetzliche Verpflichtung auf freiwilliger Basis transparent zeigt. Die Schwarmfinanzierer wären damit praktisch sofort und offiziell auf einem Stand, den die etablierte Finanzbranche bis heute nicht erreicht hat! Crowdfunding würde damit etwas schaffen, was selbst die Prospektpflicht bis heute nicht gewährleistet: Transparenz und Vergleichbarkeit für den Normalverbraucher.

Es gibt einen weiteren Grund, der einen Informationsstandard für Crowdfunding- oder auch Crowdinvesting-Plattformen rechtfertigt. Informations- und Datenverarbeitungsstandards sind die Basis des Internets und damit des Mediums, über das Crowdfunding abgewickelt wird. Man würde damit sozusagen dem Medium Internet gerecht werden, welches die Schwarmfinanzierung im derzeit populären Sinn erst ermöglicht.

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Klarverträge für Kapitalanlagen

Jeder kennt das Kleingedruckte, wenn man eine Investition tätigt oder eine Versicherung abschließt. Die meisten Leute lesen diese Details allerdings nicht vollständig. Und selbst die, die es lesen, sind häufig nicht in der Lage das verklausulierte Juristendeutsch zu verstehen. Die Beratung durch die Vertriebsmitarbeiter entspricht, diverse Tests der einschlägigen Fachpresse bestätigen das, häufig nicht den Anforderungen des Gesetzgebers und noch weniger denen, die der geneigte Anleger an sie stellt. Zwar müssen die Beratungen mittlerweile dokumentiert werden. Allerdings ist die gelebte Praxis häufig weit von dem entfernt, was man eigentlich erwartet.

Die genutzten Instrumente, die teilweise durch den Gesetzgeber vorgeschrieben werden, sollen dabei u.a. für Transparenz und Sicherheit bei der Entscheidungsfindung sorgen und so den Anlegerschutz verbessern. Dazu gehören Verträge, die teilweise viele Seiten füllen, Wertpapierprospekte, Exposees und mehrere Unterschriften, die an diversen Stellen sicherstellen sollen, dass der Anleger das Kleingedruckte verstanden hat.

Im Bereich der Zahnzusatzversicherungen wurde von Hans Waizmann und der Eisbaum GmbH in Kooperation der sogenannte Clearment Klarvertrag geschaffen. Darin erhalten Verbraucher vor und bei Abschluss von Versicherungen einen Versicherungsvertrag in einer verbraucherfreundlichen, verständlichen Sprache. Diese Form der einfachen Sprache und der kurzen und verständlichen Vertragsbedingungen sollten eigentlich zu einem verbindlichen Standard in der gesamten Versicherungs- und Finanzbranche werden. Bei der Gestaltung solcher Papiere sollte es völlig egal sein, ob es sich um eine Anlegerinformation, ein Wertpapierprospekt, einen Sparvertrag oder einen öffentlich angebotene Beteiligungsvertrag handelt. Auch Matthias Kröner thematisiert den mangelhaften und falsch funktionierenden Kundenschutz auf seinem Blog (http://www.matthias-kroener.de/dieser-kundenschutz-schutzt-nur-die-banken/).

Im Fall von Kapitalanlagen jeder Art sind eigentlich zwei Fragen von übergeordnetem Interesse. Diese können als Ja-Nein-Fragen gestaltet und beantwortet werden.

1. Frage: Besteht die Möglichkeit des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals?

1. Antwort: Ja!/Nein!

2. Frage: Können dem Investor weitere Kosten zusätzlich zum eingesetzten Kapital entstehen?

2. Antwort: Ja!/Nein!

Sollten diese Fragen ganz oder teilweise mit „Ja“ beantwortet werden müssen, dann werden weitere Informationen für den Anleger nötig. Falls diese nicht verständlich auf ein Blatt im Format DIN A4 bei Schriftgröße 11 und 1,5-fachem Zeilenabstand passen, dann muss das Produkt eigentlich als unseriös eingestuft werden. Alles andere ist Betrug am Kunden. Dass komplexe Beteiligungsverträge (z.B. im Fall von Fonds) nicht auf eine DIN A4 Seite passen, dürfte klar sein. Allerdings sollten die wesentlichen Informationen auf diese Weise darstellbar sein.

Ebenfalls Teil eines solchen Klarvertrags sollten verbindliche Verbraucherinformationen sein, die klar auflisten, wie groß der Verdienst an dem angebotenen Finanzprodukt für diejenigen ist, die das Produkt auflegen, anbieten, vertreiben. Dazu gehören einerseits die Provisionen (Höhe, Fälligkeit und an wen sie von wem gezahlt werden) und andererseits die Erlöse aus dem Produkt selbst. Diese sollten auch nicht in Prozent angegeben werden, sondern für alle verständlich als konkrete Beträge.

Eine mögliche weitere wichtige Ja-Nein-Frage lautet:

Können Verluste bezogen auf meine Einlage eintreten, auch wenn ein Totalverlust meines eingesetzten Kapitals ausgeschlossen ist?

Diese Frage dürfte in vielen Fällen mit „Ja“ beantwortet werden, da selbst Fonds mit Einlagensicherung in der Regel einen Ausgabeaufschlag und Verwaltungsgebühren verlangen. Diese Kosten werden im Regelfall vom Anleger getragen. Diesem entstehen dann zwar keine Einlagenverluste, da die Einlage ja gesichert ist, faktische Verluste entstehen dem Anleger dadurch also trotzdem. Sie werden dann jedoch meist als Gebühren oder Verwaltungskosten bezeichnet. Aus diesem Grund ist eine Verbraucherinformation mit konkreten Zahlen (also z.B. Ausgabeaufschlag in Höhe von 300 € anstelle von 3 % Ausgabeaufschlag) die einzig richtige Option. Nur durch derartige Transparenz ist eine wirkliche Verbraucherinformation gegeben.

Es liegt auch an den Anlegern, dass sie derartige Informationen gezielt einfordern. Ein Anlagevermittler wird sich nach dem x-ten Kunden, dem er ein strukturiertes Finanzprodukt nicht erklären kann und der Kunde infolgedessen wutentbrannt davonrennt, gut überlegen, ob er derartige Produkte weiter vermitteln wird. Auch die Anzahl virtuoser Zertifikate dürfte durch die Offenlegungspflicht gewisser Sachverhalte zurückgehen, da die Anleger verstehen würden, dass sie sich für sehr viel weniger Geld ein Lotterielos kaufen können.

Banken würden offenlegen müssen, welchen Dreck sie den Anlegern teilweise unterjubeln wollen. Die Verantwortung für die eigene Gier würde wieder an die Anleger zurückgegeben, anstatt sie durch diverse Sicherungsinstitutionen zu verschleiern. Die Kosten für den vermeintlichen Anlegerschutz werden durch den Regulierungswahn an die Akteure der Finanzbranche abgewälzt, die sie wiederum an die Anleger weitergeben. Solange diese Kosten weitersteigen, werden die Anleger nicht zunehmend besser geschützt, sondern zunehmend besser ausgenommen! Profiteure sind Banken und Co., da sie ihre Verantwortung gegenüber den Anlegern nicht wahrnehmen müssen. Vielmehr können sie sich entschuldigend und rechtfertigend auf den vielen Regularien des Gesetzgebers ausruhen, denen sie sich formal richtig untergeordnet haben. Helfen würde es auch, wenn die Vertriebler mit ihrer Unterschrift auf dem Beratungsprotokoll des Kunden unterschreiben würden, dass sie für Beratungsfehler persönlich haften. Wer jetzt sagt, dass das zu weit geht, der sollte sich mal überlegen, wer für Schäden haftet, wenn ein neu entwickeltes Auto das erst mal im öffentlichen Straßenverkehr zur Erprobung gefahren wird. In diesen Fällen haftet der verantwortliche Ingenieur. Auch Ärzte haften für Kunstfehler und wenn ein Bäcker ausversehen einen Stein in ein Brötchen einarbeitet, dann zahlt er den Zahnschaden des Kunden, der dummerweise auf den Stein beißt und obendrein möglicherweise ein Schmerzensgeld. Das mit der Verantwortung ginge also, wenn man denn wollte.

Der aktuelle Zustand in der Finanzbranche lässt sich kurz zusammenfassen: Wenn was schief geht, dann zahlt erst der Anleger und dann der Steuerzahler – die Verursacher werden geschont.

Daher müssen die Regularien stark vereinfacht werden. Die Verantwortung für Finanzprodukte und Kapitalanlagen darf nicht durch unseren Regulierungswahn verwässert werden, sondern muss in jedem Fall von den Anbietern getragen werden. Und dafür müssen die Karten offen auf den Tisch gelegt werden. Anbieter müssen den Kunden verbindlich, verständlich und wahrheitsgemäß sämtliche Bedingungen erklären. Ein Anfang wären Klarverträge für Finanzprodukte.

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Foodfunding

Crowdfunding als Werkzeug zur Finanzierung von Vorhaben jeder Art hat sich in einigen Bereichen besonders etabliert. Vor allem das Finanzieren künstlerischer Vorhaben (z.B. schriftstellerische Arbeiten oder die Produktion von Musikalben) und die Finanzierung von jungen Unternehmen (oft auch als Crowdinvesting bezeichnet) sind besonders populär. Seit einiger Zeit werden auch vermehrt soziale Projekte und wissenschaftliche Forschungsvorhaben mittels Schwarmfinanzierung finanziert.

Eine besondere Form von Crowdfunding ist derzeit allerdings noch quasi unbekannt: Foodfunding. Dabei handelt es sich um Crowdfunding für die Produktion von Lebensmitteln. Durch Foodfunding erhalten die Begriffe Genussschein und Lebensmittelspekulation eine völlig neue Bedeutung!

Crowdfunding wird insbesondere dadurch charakterisiert, dass durch viele kleinere Beträge einzelner Geldgeber ein insgesamt sehr großer Betrag über das Internet eingesammelt wird. Beim Foodfunding ist es prinzipiell genauso. Erzeuger von Lebensmitteln stellen die Produktion einer bestimmten Anzahl Lebensmittel oder den Ertrag einer Lebensmittelproduktion als Gegenleistung für die Finanzierung des Ganzen in Aussicht. Verbraucher finanzieren folglich die Produktion der Lebensmittel und erhalten als Gegenleistung entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtsumme die produzierten Lebensmittel.

Die Lebensmittelproduzenten legen dabei fest, wie teuer die Produktion der Lebensmittel ist und legen dafür einen Preis fest. Sie legen außerdem die Art und Weise der Produktion offen und können weitere Informationen, Verbindlichkeiten (z.B. Bioproduktion oder nachhaltige Produktionsmethode) oder Mehrwerte (z.B. Besuche des Hofes oder Mitarbeit beim Ernten, Schlachten, etc.) anbieten. Die Verbraucher können dann Anteile der zur Produktion in Aussicht gestellten Lebensmittel erwerben, indem sie einen Teil des festgelegten Preises bezahlen. Kostet die Produktion der angebotenen Lebensmittle beispielsweise 1.000 € und ein Verbraucher zahlt an den Erzeuger einen Betrag von 250 €, dann erhält er dafür 25% der angebotenen oder produzierten Lebensmittel. Natürlich sind beim Foodfunding grundsätzlich unterschiedliche Varianten und Gestaltungsarten möglich.

Foodfunding stellt eine transparente, nachhaltige und vor allem faire Geschäftsbeziehung zwischen Erzeugern und Verbrauchern dar. Sie ermöglicht eine individuelle Produktion hochwertiger Lebensmittel und sorgt dafür, dass die Produktion von Lebensmitteln ein Gesicht erhält. Die Erzeuger der Lebensmittel treten aus der Anonymität eines Verkaufsregals heraus und ihre Produkte erfahren bei den Verbrauchern eine höhere Wertigkeit.

Portale für Foodfunding existieren im oben vorgestellten Sinn derzeit keine. Allerdings befinden sich diverse Foodfunding-Portale im Aufbau. Diese sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Das im Aufbau befindliche Informations- und Handelsportal Erzeugerwelt (www.erzeugerwelt.de) wird Foodfunding ausschließlich von Direktvermarktern anbieten. Es entstehen aber auch noch weitere Portale für Foodfunding.

Unter www.foodfunding.de entsteht ein Foodfunding-Portal für sämtliche Lebensmittelproduzenten, die ihre Lebensmittel an Endverbraucher aller Art liefern möchten. Foodfunding für gewerbliche Verbraucher (z.B. Restaurants, Kantinen, Caterer und andere Lebensmittelhersteller) wird unter www.foodfunding.biz angeboten werden. Ein weltweites Foodfunding-Portal entsteht unter www.foodfunding.com und ein Portal für die Finanzierung nachhaltiger Lebensmittelproduktionen und für nachhaltig produzierte Lebensmittel jeder Art wird im Laufe des kommenden Jahres unter www.foodfunding.org entstehen. Teilweise werden auch noch Partner für die Vorhaben gesucht.

Wer Interesse an den oben beschriebenen Foodfunding-Portalen hat, kann sich unter info@smallcapservice.de melden. Ernsthafte Zuschriften sind willkommen und werden beantwortet.

Mittels Foodfunding werden nicht nur die Begriffe Genussschein und Lebensmittelspekulation mit neuen (positiven) Bedeutungen versehen, sondern auch eine transparente, nachhaltige und faire Lebensmittelproduktion weltweit gefördert und ermöglicht.

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Passt die Prospektpflicht zu einem modernen Crowdinvesting?

Das erste größere der Prospektpflicht unterliegende Crowdfunding bzw. Crowdinvesting läuft seit kurzem. Für die Betreiber der Plattform, die Bergfürst AG, ist das ein voller Erfolg. Auch für das kapitalsuchende Unternehmen, die URBANARA GmbH, ist das natürlich äußerst positiv. Doch ist das für die Entwicklung von Crowdfunding als Möglichkeit für die Finanzierung von Startups und mittelständischen Unternehmen auch positiv?

Die Finanzbranche gehört in Deutschland und den meisten anderen Ländern zu den Wirtschaftszweigen, die am stärksten der Regulierung unterliegen. Ein wesentliches Element der Regulierung ist die Prospektpflicht. Eng mit der Prospektpflicht verflochten ist die Prospekthaftung.

Der Prospektpflicht unterliegen prinzipiell alle Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen. Prinzipiell unterliegen also auch angebotene Beteiligungen, wie es beim Crowdinvesting häufig der Fall ist, dieser Prospektpflicht. Allerdings gibt es Ausnahmen, die bislang glücklicherweise voll umfassend ausgeschöpft werden. Auf diese Ausnahmen soll an dieser Stelle aber nicht genauer eingegangen werden. Die prospektpflicht besagt, dass vor dem öffentlichen Angebot der Wertpapiere ein sogenanntes Wertpapierprospekt erstellt und von der BaFin gebilligt werden muss. Der Begriff Prospekt ist dabei jedoch irreführend, da es sich vom Umfang her schon fast um ein Buch handelt. Wertpapierprospekte weisen meist deutlich mehr als 100 Seiten auf. Darin werden alle möglichen Themen im Zusammenhang mit einer Anlage in das Wertpapier beschrieben. Angefangen von einer Beschreibung des Unternehmens, über die Verwendung des eingesammelten Kapitals bis hin zu den Risiken und Nebenwirkungen. Die Erstellung eines solchen Prospekts ist für das kapitalsuchende Unternehmen mit erheblichem Aufwand verbunden. So schlägt die Erstellung mit hohen fünfstelligen bis hin zu sechsstelligen Beträgen zu buche. Die anschließende Prüfung und Zulassung der BaFin kostet weitere 6.000 €. Die BaFin prüft den Inhalt formal, jedoch nicht sachlich inhaltlich. Die formelle Prüfung sichert folglich lediglich die Vollständigkeit der enthaltenen Informationen, wobei diese auch nicht wirklich gewährleistet ist, da die Vollständigkeit abhängig von den sachlich inhaltlichen Fakten ist.

Man könnte auch postulieren, dass ein Wertpapierprospekt eine sehr komplizierte Ansammlung von Texten ist, welche die Frage nach einem möglichen Totalverlust und möglichen weiteren Kosten beantworten. Diese Sachverhalte ließen sich eigentlich als Zweizeiler klarstellen! Folglich ist ein Wertpapierprospekt wertlos, wenn man ehrlich ist. Ein derartiges Dokument suggeriert einem Anleger lediglich ein trügerisches Gefühl von Sicherheit und Seriosität.

Charakteristisch für Crowdinvesting ist die Einbeziehung vieler Investoren sowie die Verbreitung der Anlagemöglichkeit über das Internet. Damit eine solche Schwarmfinanzierung erfolgreich verläuft, muss das kapitalsuchende Unternehmen einen erheblichen Aufwand bei der Bereitstellung von Informationen treiben. Dazu gehört eine verständliche und schlüssige Beschreibung des Vorhabens, eine plausible Darlegung der Finanzplanung und das unermüdliche Beantworten der von der Crowd gestellten Fragen. Mehr Transparenz ist gegenüber einem potenziellen Anleger faktisch nicht möglich!

Stellt man dem Informationsfluss beim Crowdinvesting den Informationsstand eines Wertpapierprospektes gegenüber, so kommt man schnell an einen entscheidenden Punkt: die Aktualität! Beim Wertpapierprospekt wird ein statischer Faktenstand dargelegt. Demgegenüber erfolgt bei der Kommunikation beim Crowdinvesting eine dynamische Anpassung der bereitgestellten Informationen sowie eine Interaktion mit dem Anleger. Diese Interaktion fehlt bei herkömmlichen Anlageformen. Für einen Anleger ist sie allerdings enorm hilfreich.

Interaktion mit Kunden, Geldgebern und anderen Stakeholdern ist in unserer heutigen modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Insbesondere das Internet ermöglicht nicht nur die Publikation von Informationen, sondern eben auch die Reaktion darauf, was idealerweise in einer Interaktion endet. Überalterte Publizitäts- und Prospektpflichten sollten deshalb nicht nur überdacht, sondern in ihrer bestehenden Form abgeschafft werden.

Mit der Prospektpflicht ist, wie oben beschrieben, die Prospekthaftung verflochten. Diese begründet eine Haftung für Schäden, die einem Anleger aus einer Kapitalanlage entstehen, wenn das Wertpapierprospekt irreführende oder falsche Informationen enthält. In den Fällen, in denen das Unternehmen (meist eine juristische Person mit Haftungsbeschränkung) Konkurs anmelden muss, ist das Geld aber auch bei einer Prospekthaftung weg. Das sagt den Anlegern niemand. Auch die BaFin, die von vielen ja als so wichtige Institution eingestuft wird, haftet nicht ersatzweise. Die Prospekthaftung ist also für die Anleger beim Crowdinvesting uninteressant.

Sowohl Unternehmen als auch Investoren, die sich mittels Crowdinvesting engagieren, zeichnen sich durch eine moderne Sichtweise der Dinge aus. Investoren verwenden das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium und verfügen, Studien zeigen das, meist über eine gute Ausbildung und ein gewisses Vermögen. Die Unternehmen wiederum haben erkannt, dass die Interaktion nicht nur Vertrauen schafft, sondern auch ein hervorragendes Marketinginstrument ist. In dieses moderne, aufgeklärte und informationsgetriebene Umfeld passen altbackene Regeln, wie die Prospektpflicht nicht rein. Derartige Bremsen des Gesetzgebers und die institutionalisierten Akteure der Finanzbranche verhindern auf diese Weise Innovationen. Umso wichtiger wäre es für Crowdinvesting und die deutsche Gründerlandschaft, wenn sowohl die Kapitalbeschaffung für Unternehmen als auch moderne neue Geschäftsideen für die Finanzbranche nicht durch „German Angst“ und den daraus resultierenden Regulierungswahn verhindert werden.

Bergfürst zeigt, wie man sich ohne Wellen zu schlagen, in ein bestehendes System einreiht. Als Zwischenschritt ist das durchaus in Ordnung. Langfristig sind allerdings modernere Varianten erstrebenswert. Insbesondere die Möglichkeiten sozialer Netzwerke sowie das Verarbeiten und Clustern von Informationen ermöglichen, jedenfalls als Gedankenexperiment, viele Möglichkeiten ohne BaFin, die derzeit noch nicht ausgeschöpft werden.

Crowdinvesting braucht langfristig weniger Institution und mehr Innovation!

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Anlegerschutz und Regulierungswahn – Teil 3

Im zweiten Teil der Serie wurde angekündigt, dass im vorliegenden Teil die Überregulierung am Beispiel von Crowdfunding diskutiert wird.Um Missverständnissen vorzubeugen sei angemerkt, dass der Begriff Crowdfunding, wie er hier verwendet wird, auch das mit einschließt, was an anderer Stelle als Crowdinvesting bezeichnet wird.*

Beim Crowdfunding, oder besser gesagt bei den Crowdfunding-Modellen, die auf die Finanzierung von Unternehmen abzielen, gibt es derzeit im Wesentlichen zwei Ansätze. Entweder die Beteiligung erfolgt in Form einer echten Unternehmensbeteiligung oder aber in Form eines partiarischen Darlehens. Es gibt zwar auch andere Varianten, diese stellen derzeit aber noch eine Minderheit dar. Starten Plattformbetreiber nun ein Crowdfunding, so hängt es von der Ausgestaltung und der einzusammelnden Summe ab, ob dafür teure Genehmigungen der BaFin nötig sind oder eben nicht.

Beginnen wir mit dem, was im englischen Sprachraum als equity-based crowdfunding oder einfach nur equity crowdfunding genannt wird. Neuerdings wird auch immer wieder der Begriff Crowdinvesting dafür verwendet. Dabei werden Unternehmensanteile über eine Internetplattform vergeben. Der Investor wird also Gesellschafter des Unternehmens mit Kapitalbedarf und das Unternehmen erhält echtes Eigenkapital. In diesen Fällen unterliegen die Unternehmen der Prospektpflicht. Konkret bedeutet das, dass ein Wertpapierprospekt nach Vorgaben der BaFin erstellt werden muss. Darin müssen alle möglichen Sachverhalte bezüglich der angebotenen Anlage erläutert werden. Ein besonders wichtiger Punkt ist die Beschreibung möglicher Risiken. Anschließend wird das Prospekt zur Prüfung bei der BaFin eingereicht. Entspricht es den Anforderungen wird es genehmigt, wird veröffentlicht und die Kapitalanlage darf angeboten werden. Die Sicherheit der Beteiligung wird dadurch nicht erhöht, da die BaFin faktisch inhaltlich nicht prüfen kann, ob das Unternehmen lautere oder unlautere Absichten hat. Auch mögliche unternehmerische Risiken können nicht überprüft werden. Außerdem entstehen dem kapitalsuchenden Unternehmen durch die Prospektpflicht erhebliche Kosten. Die Prüfung des Prospekts kostet ca. 6.000 € und die Erstellung im Zweifel einen größeren fünfstelligen Betrag. Für ein junges Unternehmen mit Kapitalbedarf ist genau das natürlich ärgerlich. Für Leute mit zweifelhaften Absichten stellt es lediglich eine teurere Einstiegshürde dar. Die Dummen sind in diesem Fall die Investoren und das kapitalsuchende Unternehmen. Im Übrigen ist es den Investoren völlig egal, ob sie ihr Geld mit dem Segen der BaFin verlieren oder aber einfach so.

Ausnahmen von der Prospektpflicht existieren allerdings auch. Diese treten dann ein, wenn eine Anlagesumme von weniger als 100.000 € pro Jahr und Unternehmen eingeworben werden soll, weniger als 150 zeichnende Anleger investieren können oder der Handel ausschließlich mit sogenannten qualifizierten Anlegern vollzogen wird. Faktisch sind die Unternehmen damit hinsichtlich der einzusammelnden Summe kastriert. Diese Regelungen erscheinen zunächst sinnvoll, da damit Schaden abgewendet werden soll. So ist ein Schaden von 100.000 € weniger tragisch als ein Schaden von 1.000.000 €. Demzufolge erscheint es auch logisch, wenn „nur“ 150 Anleger anstelle von 1000 Anlegern Schaden nehmen. Allerdings ist es zweifelhaft, ob es aus Anlegersicht korrekter ist, wenn 50 Anleger beispielsweise 1.000 € verlieren oder aber 1.000 Anleger jeweils 1.000 € verlieren. Der Schaden für den individuellen Anleger ist in jedem Fall gleich. Nimmt man als Beispiel hingegen das Einsammeln einer Summe von 1.000.000 € durch 100.000 Investoren, so wäre der Schaden für den Einzelnen Investor vernachlässigbar gering. Dennoch besteht die Prospektpflicht. An dieser Stelle wäre es wünschenswert, wenn es auch eine Regelung für kleinere Einzelinvestments gäbe.

Was eine Prospektpflicht jedoch ad absurdum führt ist die Tatsache, dass die öffentliche Darstellung im Internet zu einer sehr viel tiefergreifende Prüfung der Kapitalanlage durch den Anlegerschwarm und Interessierte erfolgt als es die BaFin leisten kann. Außerdem erfolgen viele aktuelle Crowdfunding- oder Crowdinvestingaktionen über ein anderes Modell des Crowdfunding. Dabei handelt sich um das lending-based crowdfunding, was ebenfalls als Crowdinvesting bezeichnet wird, wenn damit Unternehmen mit Kapital ausgestattet werden. Anstelle von Eigenkapital einzusammeln, nehmen die Unternehmen bei den Investoren ein Darlehen. Dieses Beteiligungsdarlehen wird dann, in unterschiedlichen Ausgestaltungen, mit einem Zinssatz versehen und irgendwann wieder fällig. Diese Form des Crowdinvesting kann auch größere Beträge als 100.000 € mit beliebig vielen Investoren einsammeln. Vielfach werden die Nachteile für das Unternehmen vergessen. Insbesondere die Gefahr einer Überschuldung des Unternehmens und damit die Insolvenz bei Fälligstellung der Darlehen durch die Investoren und gleichzeitig mangelnder Liquidität. Auch die Tatsache, dass ein Darlehen kein Eigenkapital ist, ist für das Unternehmen bei der Finanzierung von Vorhaben nachteilig. Für den Investor ist es dahingehend nachteilig, dass er als Kapitalgeber quasi keine Rechte am Unternehmen hält, was er als Gesellschafter oder Aktionär hätte. Obwohl in diesem Fall sowohl Anleger als auch die Unternehmen einem faktisch größeren Risiko ausgesetzt sind, wird hier nicht reguliert und geschützt. Das muss kein Mensch verstehen. Nicht, dass hier eine Regulierung erforderlich wäre; vielmehr ist es ein Indiz dafür, dass man die Prospektpflicht im einführend genannten Fall abschaffen sollte.

Im Prinzip ist bei über das Internet zu finanzierenden Vorhaben ein enorme Kraft am Werk, die Schwachstellen identifizieren und mögliche Risiken aufdecken kann: die Internetnutzer. Außerdem würde man die Prospektpflicht schlicht und einfach überflüssig machen, wenn es in den Beteiligungsverträgen zwei Sachverhalte als klar formulierte Frage-Antwort-Konstellation deutlich vor allem anderen gäbe.

1. Frage: Besteht die Möglichkeit des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals?

1. Antwort: Ja!/Nein!

2. Frage: Können dem Investor weitere Kosten zusätzlich zum eingesetzten Kapital entstehen?

2. Antwort: Ja!/Nein!

Das gilt übrigens für alle Kapitalanlagen und würde so etliche unverständliche Formulierungen in den Verträgen verständlich machen. Die Idee wurde übrigens auch schon vom derzeit wohl innovativsten Banker Deutschlands, Matthias Kröner, thematisiert (http://www.matthias-kroener.de/dieser-kundenschutz-schutzt-nur-die-banken/).

In den Fällen von Crowdinvesting und Crowdfunding stellt der Regulierungswahn eine wirkliche Innovationsbremse dar. Derzeit können nur Dienstleister oder weniger kapitalintensive Gründungen über das Internet finanziert werden. Kapitalintensive Technologiegründungen hingegen, die für den Standort Deutschland von Bedeutung sind, sind ohne institutionelle Investoren schlicht und einfach nicht möglich. Damit verbleiben auch die damit zu erzielenden Gewinne fest in der Hand der etablierten Strukturen der Finanzbranche. Der Kleinanleger hat keine Chance daran zu partizipieren, ohne einen Teil des möglichen Gewinns auf die Konten derer zu speisen, die in der Vergangenheit für Finanzkrisen und das Zusammenbrechen ganzer Volkswirtschaften verantwortlich waren.

Der Beteiligungsmarkt gehört für alle, die sich dafür interessieren und beteiligen möchten, geöffnet und dereguliert! Anbieter der Beteiligungen und Vertriebsstrukturen müssen für vorsätzliche und grob fahrlässige Fehler haftbar gemacht werden. Dadurch wird die Bereitschaft unverständliche, unverhältnismäßig riskante und schlicht betrügerische Produkte aufzulegen und zu vermitteln sinken. Gleichzeitig wird dadurch allen Mensch eine Möglichkeit eröffnet, sich an der Realwirtschaft zu beteiligen und diese nach eigenem Ermessen gestaltend beeinflussen zu können.

Im nächsten Teil der Serie wird die vermeintliche Sicherheit und die durch die Regulierung entstehenden Kosten von Fonds, die sich bei Anlegern einer hohen Beliebtheit erfreuen, thematisiert.

*Eine Abgrenzung der Begriffe findet sich in Crowdinvesting: Ein Einordnungsversuch.

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Rösler, Crowdinvesting und der neue Neue Markt

Nachdem Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler öffentlich eine Wiederbelebung des Neuen Marktes forderte, war, wie erwartet, eine Kontroverse in gewissen Kreisen die Folge. In diesem Zusammenhang wurde auch ein öffentlicher Brief an unseren Bundeswirtschaftsminister verfasst. Verfasser ist der Ben Esser, einer der Gründer des Startups Urbanara. In seinem Schreiben fordert Esser eine Abwendung von der Wiederauflage eines neuen Neuen Marktes. Stattdessen folgen eine Lobhudelei der Schwarmfinanzierung und eine Einladung zur Unterstützung in dieser Sache.

Abgesehen davon, dass es sich um eine vortrefflich geglückte Marketingaktion für Urbanara handelt, sind einige Aspekte des öffentlichen Briefes von Esser an Rösler aber durchaus sehr interessant.

Einleitend fordert Esser eine Unterstützung bei der Etablierung der neuen öffentlichen Beteiligungssysteme. Welche er konkret meint, schreibt er leider nicht. Es ist nämlich ein beträchtlicher Unterschied, ob man beispielsweise eine Plattform wie Bergfürst nutzt und damit die etablierten Strukturen unseres Finanzsystems nutzt oder aber diese etablierten Strukturen aufbrechen will. Letzteres wäre das, was zeitgemäß, zukunftsweisend und im Sinne eines Wirtschaftssystems ist, welches primär mit echten Dienstleistungen und Produkten Geld verdient. Nichtsdestotrotz Ist die generelle Forderung von Esser allerdings absolut zu begrüßen – die Strukturen der Finanzbranche müssen aufgebrochen werden und dafür ist eine Etablierung neuer Beteiligungssysteme erforderlich. Die Crowdfunding-Modelle oder neudeutsch ausgedrückt Crowdinvesting bieten dafür eine vernünftige Basis.

Als Begründung für die Forderung werden vier Argumente aufgeführt. Als erstes wird postuliert, dass junge Unternehmen keine „Börse light“ benötigen. Viel mehr Argumentation folgt dann leider nicht mehr. Lediglich eine Zusammenfassung der Problematik und der Versäumnisse des Neuen Marktes. Richtigerweise wird aber auch angeführt, dass primär die Verletzung von Pflichten, das Verschweigen von Risiken, fehlende Transparenz und Missbrauch für den GAU des Neuen Marktes verantwortlich war. Man könnte auch einfach kurz und knapp sagen, dass es aufgrund von Gier und krimineller Energie zu dem kam, was damals passierte.

Als zweites Argument wird aufgeführt, dass es in Deutschland einen Nachholbedarf an Partizipation gebe und keinen Kapitalmangel. In Wirklichkeit wird aber nicht Partizipation gemeint, sondern Verantwortung! Kapital ist in der Tat vorhanden. Noch nie war es für Startups so einfach Kapital über das Internet einzusammeln wie heute. Den Punkt mit der Verantwortung muss man erklären. Esser führt auf, dass eine Beteiligung der Kunden für Reputation, für Loyalität und steigende Bekanntheit führt. Reputation und steigende Bekannt steigen sicherlich an, aber der Punkt mit der Loyalität ist fraglich. Wer soll bitte wem gegenüber loyal sein und warum? Wenn ein Anleger eine Beteiligung eingeht, verhält er sich solange loyal, solange seine Beteiligung zu dem führt, was er möchte. Das trifft sowohl in monetärer als auch in politisch-sozialer Hinsicht zu. Wenn Anleger und Kunde in Person gleich sind, dann wird die Loyalität auch dann aufs Spiel gesetzt, wenn Produkte und Dienstleistungen nicht die Erwartungen erfüllen. Oder handelt es sich um die Loyalität des Unternehmers? Die Loyalität eines Geschäftsführers oder Unternehmensvorstands ist einem Zielkonflikt (Eigentümer/Aktionäre, Kunden, Lieferanten, Angestellte, Kommune, etc.) unterworfen und wird täglich einer Zerreisprobe unterworfen. Ein weiteres Problem am Begriff der Loyalität ist, dass er im Geschäftsleben mit einem „Geschmäckle“ belegt ist. Entscheidungen sollten nämlich nicht aus Loyalität, sondern aufgrund von Tatsachen und Sachverstand getroffen werden. Das gilt auch für das mögliche Lemming-Verhalten von Anlegern, die evtl. aufgrund von Loyalität in Investitionen gezogen werden, die sie sonst nicht eingegangen wären (beispielsweise durch explizite oder implizite Nachschusspflichten). Weiterhin wird aufgeführt, dass durch die Beteiligung wichtige Impulse für Produkte und Dienstleistungen gegeben werden. Auch das ist richtig, allerdings nicht vollständig. So kommt es darauf an, ob für das Produkt oder die Dienstleistung ein Feedback nötig und gewollt ist. Um aber wieder auf den Begriff Partizipation zu kommen: Partizipation würde heißen, dass man aktive Mitgestaltungsrechte hätte. Derzeit hat der Schwarm aber weitgehend nur das Recht Hinweise zu geben. Daher ist der Begriff Verantwortung passender. Der Anleger entscheidet eigenständig wo er sich mit welchem Betrag beteiligt und hofft auf zwei Dinge: Rendite und Wachstum für ein Unternehmen, welches er gut findet. Das führt dazu, dass er sich primär mit Unternehmen befasst, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, welche für sein Leben entscheidend sind. Dafür nimmt er in Kauf, dass er evtl. einen Totalverlust erleidet. Er verantwortet demnach also sowohl die wirtschaftliche Zukunft in seinem Umfeld und sein angelegtes Kapital. Verantwortung bezeichnet auch, dass man sich auf Beteiligungen einlässt, ohne die schutzversprechende Welt von Anlageberatern, Vertrieblern und Banken nutzen zu müssen.

Damit ist man direkt beim dritten Argument. Es wird mit einer Überschrift eingeleitet, die zwischen Crowdinvesting und Risikokapital unterscheidet. Das ist natürlich fatal, da so ziemlich alle Schwarmfinanzierungen (ob man es jetzt Crowdinvesting oder Crowdfunding nennt ist unerheblich) eine Risikokapitalbeteiligung darstellen. Das, was anschließend beschrieben wird stellt die Art und Weise des IPOs dar, welches Urbanara gewählt hat. Dass ausgerechnet die BaFin aufgeführt wird, um zu kennzeichnen, dass Schwarmfinanzierungen über Unternehmen, die sich in ihrem Handeln in das etablierte Finanzsystem eingekauft haben, ein Argument zur Förderung von Crowdfunding/Crowdinvesting sein soll, bleibt allerdings offen. Auch der Vorteil eines von der BaFin akkreditierten Wertpapierverkaufsprospekts ist schleierhaft. Die BaFin prüft primär formal, weniger inhaltlich und kriminelle Absichten würden dadurch lediglich teurer, nicht aber unmöglich.

Das vierte Argument ist die Transparenz beim Crowdinvesting. Diese würde Anlageberatung überflüssig machen. Damit hat Esser völlig recht! Transparenz ist das Wichtigste bei Kapitalanlagen. Diese Transparenz wird weder von der BaFin, noch von einem Wertpapierhandelsgesetz noch von sonstigen Regularien umgesetzt. Es ist längst Zeit für klare Darstellungen von Unternehmen, die Beteiligungen anbieten und für andere Finanzprodukte. Einige Versicherer haben mit Klarverträgen bereits einen Schritt in die Richtung unternommen, in die Banken und andere unbedingt gehen müssen. Einfache Sprache, schematische Darstellungen und das Schaffen von Verantwortung für Emittenten und den Vertrieb würden ein echter Mehrwert sein. Dann kann man sich das BaFin-Prospekt sparen!

Die Inhalte der Argumente von Esser sind durchaus richtig. Eine Begründung gegen einen neuen Neuen Markt sind sie allerdings nicht. Vielmehr begründen sie das Schaffen neuer Regeln und neuer Marktplätze, die ohne viele Regularien, dafür aber mit Verantwortung und Transparenz punkten. Ob man das nun Neuen Markt, Neuer Markt 2.0, Crowdfinance oder aber Schlaraffenland nennt, spielt keine Rolle! Tatsache ist, dass Esser etwas fordert, was gar nicht so weit weg von dem ist, was man aus der Forderung Röslers machen könnte, wenn man denn innovativ und zukunftsweisend handeln wollte.

Auch, wenn Röslers Forderung im Ansatz gar nicht schlecht ist, stellt man sich nun natürlich die Frage, was er in Californien getrieben hat. Es ist schwer vorstellbar, dass ausgerechnet das hochinnovative Silicon Valley eine derart trübtassige Idee, wie eine Wiederauflage eines institutionalisierten Handelsplatzes motiviert.

Wünschenswert wäre es aber dennoch, wenn Rösler oder ein möglicher Nachfolger die Finanzbranche etwas transparenter und liberaler gestalten würde.

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Crowdfunding und die Finanzbranche

Noch vor kurzer Zeit wurde Crowdfunding oder auch Crowdinvesting als Instrument zur Unternehmensfinanzierung von vielen als eine kurzfristige Erscheinung eingestuft. Viele Stimmen prophezeiten der Schwarmfinanzierung ein Dasein als Strohfeuer. Sowohl aus den Reihen der Banken als auch aus den Reihen der Venture Capital-Gesellschaften und Vergleichbaren Firmen kamen derartige Einstufungen. Die aufgeführten Gründe waren meist relativ phantasielos und zeugten von dem auch heute nachwievor hohen Ross, von dem die meisten Akteure der Finanzbranche herabblicken.

Mittlerweile dürfte allerdings klar sein, dass sich diese Kritiker geirrt haben. Die Anzahl der heute existierenden Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen zeugt davon, dass das Thema Kapitalanlage im Zusammenhang mit Unternehmensfinanzierung und Unternehmensgründung für die Anleger von Interesse ist. Auch, wenn in einigen Jahren viele der heute vorhandenen Plattformen verschwunden sein werden, ist das vollständige Verschwinden der Schwarmfinanzierung in den aktuellen Ausgestaltungen äußerst unwahrscheinlich.

Trotz des enormen Wachstums der letzten Monate sind die meisten Akteure der Finanzbranche noch immer gefährlich desinteressiert. Lediglich zwei Banken befassen sich aktiv und branchenweit sichtbar mit den Themen Crowdfunding oder Crowdinvesting. Auch die Bemühungen der meisten Venture Capital-Gesellschaften in Sachen Schwarm sind äußerst gering. Die Gründe dafür lassen sich nur vermuten. Ein wesentlicher Grund scheint allerdings die Sicherung des eigenen Geschäfts zu sein. Sowohl Banken als auch Venture Capital-Gesellschaften und angeschlossene Firmen verdienen Geld mit ihren Dienstleistungen für Startups und andere Unternehmen. Von daher besteht natürlich ein berechtigtes Interesse an der Sicherung der eigenen Geschäfte. Insbesondere das Argument Risiko wird häufig angeführt. Dabei wird gerne vergessen, dass insbesondere kleine Investments für den Privatanleger einen entscheidenden Vorteil bieten: auch der Kleinanleger kann sein Risiko streuen!

Viele Akteure der Finanzbranche haben noch nicht begriffen, dass sich auch die Finanzbranche weiterentwickeln wird. Insbesondere die Exzesse der letzten Jahre haben bei den Kunden für einen gewissen Unmut gesorgt, was wiederum dazu führt, dass die Kunden zunehmend alternative Angebote nutzen. Wenn die Branche weiterhin so phantasielos bleibt, wird sie sicherlich langfristig abgelöst. Lediglich die Akteure, die sich mit jungen innovativen Ideen befassen und sich von den jahrelang aus Effizienzgründen eingeführten starren Prozessen lösen, werden langfristig überleben. Dass auch Branchenriesen auch ins Straucheln geraten und sogar einfach verschwinden können hat die jüngere Vergangenheit ebenfalls gezeigt. Umso unverständlicher ist es, dass die Banken ihre Kunden noch immer nicht verstehen wollen. Solange Transparenz und Fairness lediglich proaktive Bullshit-Bingo-Floskeln sind, werden die Kunden nach und nach abwandern. Dank des Internets und der heutigen Möglichkeiten der Datenverarbeitung, Information und Kommunikation sind viele derzeit noch nötige Institutionen eigentlich überflüssig geworden. Ob es um Kapitalanlagen, Kredite oder aber um Zahlungsdienstleistungen und Geldtransfer geht, Banken werden für vieles schlicht nicht mehr gebraucht.

Dabei ist insbesondere Crowdfunding ein entscheidender Treiber für die Umstellung der Finanzbranche. Lediglich die Fidor Bank und die Volksbank Bühl stellen sich aktuell der Herausforderung Innovation und befassen sich u.a. mit Crowdfunding. Damit binden sie den Kunden aktiv in den Geschäftsprozess ein und sorgen so für Transparenz, Fairness und das Vertrauen der Kunden.

Ist es denn so schwer mit der Zeit zu gehen? Crowdfunding bzw. Crowdinvesting sind übrigens nur eine Crowdsourcing-Lösung für die Finanzbranche. Crowdrating ist beispielsweise ein Ansatz, der im Vorfeld einer Finanzierung das zu finanzierende Vorhaben bewerten. Derartige Vorgehensweisen könnten auch für das Credit Scoring verwendet werden. Anstatt sich dem Zeitgeist zu verschließen, sollte sich die Branche langsam in Bewegung setzen.

Crowdfunding ohne Banken ist derzeit noch dahingehend beschränkt, dass für größere Geldbeträge als Eigenkapital der rechtliche Rahmen nicht ausreicht. Diese letzte Bastion bleibt den Banken also noch eine Weile erhalten. Allerdings dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich aus das hoffentlich ändert. Aber auch hier stellt sich die Frage, warum die Banken hier nicht innovative Lösungen auch für größere Geldbeträge schaffen und so ihren Kunden echten Mehrwert bieten. Bisher ist es aber eher so, dass sich Crowdfunding-Plattformen um aufsichtsrechtliche Erlaubnisse bemühen und die Banken business as usual betreiben. Dabei würden Crowdsourcing-Lösungen im Allgemeinen und unterschiedlich ausgestaltete Ansätze für Crowdfunding bzw. Crowdinvesting im Speziellen nicht nur eine wichtige Modernisierung darstellen, sondern der Branche enorm helfen. Insbesondere der Anschluss und die Verbindung zur Realwirtschaft stellen einen enorm wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Kunden und Banken würden Geschäfte mit echten Unternehmen machen und nicht mit willkürlichen Indizes, Lotteriescheinen oder Unternehmen, deren Geschäft im Schaffen von Blasen besteht. Banken könnten auf diese Weise einerseits das verlorene Vertrauen wiedererlangen und endlich damit beginnen das zu schaffen, was sie schon lange versprechen: Transparenz!

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Anlegerschutz und Regulierungswahn – Teil 2

Wie bereits im ersten Teil der Serie angekündigt, wird nachfolgend der Unterschied zwischen dem regulierten und dem unregulierten Kapitalmarkt erörtert. Landläufig wird dabei auch häufig vom grauen, schwarzen und weißen Kapitalmarkt gesprochen. Dabei ist der schwarze Kapitalmarkt begrifflich eine schöne Umschreibung für den Kapitalmarkt, der ausschließlich kriminell, also ohne Erlaubnis oder gegen geltendes Recht agiert. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Im Kontext des Anlegerschutzes wird hingegen häufig eine Regulierung des grauen Kapitalmarkts gefordert. Doch wenn man über die Regulierung des grauen Kapitalmarktes diskutiert, dann muss man sich zunächst einige Fragen stellen und diese auch beantworten können. Was ist eigentlich der graue oder der weiße Kapitalmarkt? Was versteht man unter dem regulierten oder dem nicht regulierten Kapitalmarkt? Viele Leser der einschlägigen Massenmedien stellen sich diese Fragen nicht oder beantworten sie falsch. So verbinden viele brave Anleger mit dem grauen Kapitalmarkt die bösen „Heuschrecken“ oder gierige Anlagebetrüger mit schnellen Sportwagen und unverschämt großen Villen. Kurz zusammengefasst ist der angeblich so unregulierte graue Kapitalmarkt für den deutschen Durchschnittsbürger schlicht und einfach eine Ansammlung krimineller Anlagebetrüger. Der regulierte Kapitalmarkt hingegen gilt landläufig als seriös und sicher.

Doch diese Annahme ist falsch und auch eine saubere Trennung zwischen Akteuren des grauen und weißen Kapitalmarkts ist nicht immer möglich. Zunächst muss man aber feststellen, dass der graue Kapitalmarkt keinesfalls vollständig unseriös ist oder gar von Kriminellen dominiert wird! Diese (durch die Massenmedien verstärkte) Annahme ist schlicht falsch!

Insbesondere die Formulierung „unregulierter Kapitalmarkt“ ist Käse, da in Deutschland quasi alles reguliert ist. Das gilt auch für Geschäfte auf dem grauen Kapitalmarkt! Richtiger ist, dass der graue Kapitalmarkt der Kapitalmarkt ist, der nicht dem Monopol der Banken unterliegt. Doch auch das ist nur bedingt richtig, da viele Banken auch Akteure des grauen Kapitalmarktes sind. Die Erklärung, dass der graue Kapitalmarkt nicht der Regulierung der BaFin unterliegt, wie es beispielsweise Wikipedia behauptet, ist ebenfalls falsch. So unterliegen viele Produkte des grauen Kapitalmarkts ab einer gewissen Summe der Prospektpflicht, wobei die Genehmigung der Prospekte der BaFin obliegt. Unabhängig davon, ob die Prospektpflicht greift, liegt die Zuständigkeit der Prüfung und ggf. Überwachung bei der BaFin. Also erscheint eine sinnvolle Definition des grauen Kapitalmarktes zunächst gar nicht auf einfach Weise möglich.

Einfacher und wahrscheinlich auch sinnvoller ist die Abgrenzung gegenüber den stark regulierten Banken und Kapitalanlagegesellschaften. Diese unterliegen einer starken Aufsicht durch den Staat. Alle Produkte und Dienstleistungen sind in speziellen Gesetzen geregelt und mit bestimmten Pflichten verknüpft. So darf beispielsweise niemand eine Bank gründen, ohne bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu gehören neben einem Batzen Geld auch die persönliche Zuverlässigkeit sowie die Bankleiterqualifikation. Man muss also vorher in gewissen Bereichen/Funktionen einer Bank gearbeitet haben. Das hört sich zunächst gut an, ist aber im Grunde unfassbar und eine Frechheit! Anders formuliert: Banken dürfen nur von Leuten gegründet werden, welche die vergangenen Finanzkrisen ausgelöst haben! Alle anderen, die keine Schuld tragen und vielleicht sehr gute, faire und transparente Ideen haben, dürfen das nicht! Ist das im Sinne einer modernen Gesellschaft und sorgt eine derartige Gesetzgebung für Vertrauen, Transparenz oder gar einen besseren Anlegerschutz? Mit Sicherheit nicht!

Die BaFin genehmigt den Akteuren des weißen Kapitalmarktes ihre Produkte und Dienstleistungen und überwacht, ob gesetzliche Anforderungen eingehalten werden. Eigentlich ist das gut, aber kein Garant für Anlegerschutz. Die Beratungsqualität der Banken und die Transparenz der Geschäfte sind noch immer „unterirdisch“. Auch die Produkte sind zum Teil eine Unverschämtheit. Aus welchem Grund erlaubt die BaFin einem Akteur des weißen Kapitalmarktes den Vertrieb von Lotterielosen? Aber da das Lotterielos „reguliert“ ist und von einer Bank vertrieben wird, glaubt der brave Anleger, dass es seriös und sicher ist.

Wenn es jetzt aber um Unternehmensbeteiligungen oder geschlossene Fonds geht, dann fallen schnell die Begriffe Betrug und Abzocke, weil es eben sogenannte Graumarktprodukte sind. Dabei sind derartige Anlagen sehr viel leichter zu verstehen als ein strukturiertes Finanzprodukt des weißen Kapitalmarkts. Abgesehen davon, ist ein geschlossener Fonds, beispielsweise ein Immobilienfonds, der mit einem von der BaFin genehmigten Prospekt aufwarten kann und von einer Bank vertrieben wird, genaugenommen kein Produkt des grauen Kapitalmarktes mehr. Anleger müssen allerdings unbedingt auf die Transparenz und Nachvollziehbarkeit (die Angaben müssen nachprüfbar sein!) der Angaben achten. Das ist nicht in jedem Fall möglich und nicht jede Person ist in der Lage, jeden Sachverhalt überprüfen zu können. Allerdings wäre es auch töricht zu glauben, dass die BaFin das in Fall eines jeden Anlageproduktes kann!

Natürlich gibt es am grauen Kapitalmarkt auch Akteure, die für Anleger nicht leicht durchschaubar sind, wie beispielsweise Hedgefonds oder Geldmarktfonds. Allerdings funktionieren diese Akteure nicht ohne den weißen Kapitalmarkt. Daher muss auch hier klargestellt werden, dass eine saubere Trennung zwischen grauem und weißem Kapitalmarkt nicht immer funktioniert.

Fakt ist, dass man heute eigentlich nicht mehr zwischen dem grauen und dem weißen Kapitalmarkt unterscheiden sollte. Alle legalen Geschäfte sind in Deutschland reguliert und werden durch zusätzliche Regulierungen nicht seriöser. Es ist sogar so, dass sie durch zusätzliche Regulierung unseriöser werden. Zusätzliche Vorschriften und Voraussetzungen sorgen für die Anbieter der Kapitalanlagen und Beteiligungen lediglich für höhere Kosten. Diese Kosten werden auf die Investoren umgelegt oder deutlicher ausgedrückt, sie werden von möglichen Gewinnen abgezogen. Zusätzlich sorgt die Vielzahl an Genehmigungen und Überwachungen beim Verbraucher für ein Gefühl von Sicherheit. Die Sicherheit wird dadurch aber nicht erhöht, dafür aber die Rendite vermindert. Der jüngste Versuch, den grauen Kapitalmarkt mit Hilfe der AIFM-Regulierungsvorschriften etwas weißer zu machen, sorgt auch nicht für mehr Anlegerschutz, sondern erhöht lediglich die Markteintrittskosten für die Akteure.

Im nächsten Teil wird die Überregulierung am Beispiel von Crowdfunding erörtert.

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Ein eigentlich ganz guter Ansatz: „Trust your friends, not banks!“

Langsam aber sicher gestalten formieren sich neue Unternehmen, die den alten Strukturen der Finanzbranche den Kampf ansagen. Diese Entwicklung ist sehr zu begrüßen! Sie setzen auf Transparenz, die Eigenverantwortung der Nutzer und auf die Funktionalität sozialer Netzwerke. So auch Lendstar.

Das Startup Lendstar (http://www.lendstar.de) bietet ein Soziales Netzwerk, welches darauf ausgerichtet ist, dass sich Freunde kurzfristig untereinander Geld leihen. Damit treffen die Gründer einen aktuellen Nerv, den sie mit dem sicherlich ebenso aktuellen Slogan „Trust your friends, not banks!“ auch marketingtechnisch clever unterstreichen. Kern des Ganzen ist eine Smartphone-App. Die Basisfunktionalität ermöglicht es den Benutzern, ihren Bedarf eines bestimmten Geldbetrags mitzuteilen und auf der Gegenseite, die Bereitschaft zum Verleihen des Geldes zu kennzeichnen. Der Geldtransfer findet dann außerhalb via Paypal, Girokonto etc. statt. In einer weiteren Ausbaustufe soll die Funktionalität erweitert und auch der direkte Transfer über die App möglich werden. Das Angebot soll sich damit zukünftig bis hin zu mobilen Zahlungsfunktionen erstrecken.

Kredite, die von Privatpersonen oder Freunden und Bekannten vergeben werden, sind natürlich nichts Neues. Auch die Abwicklung mittels Internettechnologie stellt dabei kein Alleinstellungsmerkmal dar. In Deutschland vermittelt der Anbieter Auxmoney (www.auxmoney.com) seit 2007 bereits Kredite von Privat an Privat. Im Ausland gibt es ebenfalls vergleichbare Plattformen. Der Anbieter smava (www.smava.de) hat ursprünglich auch Kredite von Privat an Privat vermittelt, hat dieses Konzept jedoch vollständig aus dem Geschäftsmodell entfernt. Worin unterscheidet sich jetzt aber Lendstar von den bekannten Anbietern und warum sollten ausgerechnet sie erfolgreich(er) sein?

Wie erfolgreich Lendstar dauerhaft sein wird lässt sich derzeit natürlich noch nicht sagen. Im Gegensatz zu Auxmoney liegt der Fokus von Lendstar auf kurzfristigen Krediten mit kurzen Laufzeiten. Für die Basisfunktionalität entstehen dem Nutzer dabei zunächst auch keine Gebühren. Gebühren, und damit Cashflow für Lendstar, werden erst bei der Nutzung der Funktionalität der nächsten Ausbaustufe fällig. Der eigentliche Clou, der Lendstar gegenüber Auxmoney hervorhebt ist der Community-Gedanke. Kern von Lendstar ist nämlich ein soziales Netzwerk, was einen bestimmten Zweck verfolgt. Kritiker werden nun anmerken, dass bei Geld die Freundschaft aufhört, ähnliche auf Vertrauen basierende Modelle, wie beispielsweise Couchsurfing (www.couchsurfing.org), haben sich aber sehr erfolgreich durchgesetzt, wenn auch mit einem gänzlich anderen Fokus. Das Ganze soll mit einer Smartphone-App funktionieren, die den Nutzern das Abwickeln ihrer Leih- und Verleihvorgänge ermöglicht.

Der Idee kommt außerdem der aktuelle Zeitgeist entgegen. Lendstar geht mitten in einer Zeit an den Start, die von Auflehnung gegen die etablierten Strukturen der Finanzwelt geprägt ist. Außerdem können insbesondere Leute, die keinen Dispokredit eingeräumt bekommen, mittels Lendstar kurzfristig kleine Geldbeträge leihen. Damit hat das ganze sogar eine echte soziale Komponente. Erfreulich ist auch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, die im Umfeld der Finanzbranche nicht ganz einfach sind, zunächst unkritisch einzustufen sind.

Wer das Startup Lendstar in Form eines Darlehens unterstützen möchte, kann das via Seedmatch (www.seedmatch.de) per Crowdfunding ab einem Betrag von 250 € tun. Alles in Allem kann man sich so an einem jungen Unternehmen beteiligen, welches ein enormes Potenzial bietet. Lediglich die aktuelle Unternehmensbewertung von 947.000 € erscheint etwas ambitioniert. Das Risiko ist also, dass Lendstar sehr stark wachsen muss, um dem Investor eine dem Risiko entsprechende Rendite bieten zu können. Hierfür ist eine ausreichende Nutzerzahl nötig. Diese Nutzer müssen dann außerdem die zu einem späteren Zeitpunkt eingeführten Funktionen nutzen, die einen Cashflow generieren. Da die Mindestlaufzeit bei einer Beteiligung frühestens am 31.12.2018 endet, stehen die Chancen dafür aber recht gut. Demgegenüber steht der Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Zynisch: Man hätte dann aber wenigstens die Gewissheit, dass man das Geld für einen guten Zweck in den Sand gesetzt hat: dem Kampf gegen die etablierten Strukturen der Finanzbranche!

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Warum Sparen eigentlich gar nicht so schlecht ist

Argumente der Anlageberater kommen derzeit oft so daher, wie es im Märchen vom abgezockten Sparer überspitzt dargestellt wird. Wenn man ihnen Glauben schenkt, dann ist Sparen so ziemlich das Dümmste, was man machen kann.

Wenn man ehrlich ist, handelt es sich bei derartigen Ausführungen aber um gequirlte Scheiße!

Um nur ein Beispiel zu geben möchte ich folgende Ausführungen zum Thema heranziehen.

„Anlässlich des kürzlich erfolgten Börseneinbruchs fanden sich sicherlich wieder viele deutsche Anleger bestätigt, die ihr Geld aus Sicherheitsgründen in Spar-, Sicht- und Termineinlagen angelegt haben. So was kann einem da schließlich nicht passieren. Wie bisher auch, wird dabei stillschweigend in Kauf genommen, dass sich das eigene Vermögen real also unter Herausrechnung der Inflation stetig verringert. Was konkret bedeutet, dass der sichere (Kaufkraft-) Verlust des Vermögens dem Risiko einer mittel- bis langfristigen Steigerung von z.B. Aktien vorgezogen wird.“ (Quelle: Aktionärsmob oder mündige Bürger? von N. Lohrke http://www.aktiencheck.de/kolumnen/Artikel-Aktionaersmob_oder_muendige_Buerger-5049404, abgerufen am 30.05.2013 um 12:05 Uhr)

Hier werden aber zwei Dinge miteinander verwechselt. Einerseits geht es darum, dass man erspartes Geld leicht verzinst sicher anlegt und dieses in keinem Fall verliert. Andererseits soll das Geld (unter beliebig hohem Risiko) angelegt werden, um damit einen Gewinn zu erwirtschaften. Man muss diese zwei Sachverhalte voneinander trennen.

Der Sparer spart nicht zwingend mit Gewinnabsicht, sondern aufgrund eines Sicherheitsaspekts und mit dem Ziel einen Geldbetrag x zusammenzukriegen. Abgesehen davon, ist die Lagerung von Erspartem zuhause unsicher und selbst ein Zins von 0,1% ist immer noch besser als überhaupt nichts für sein Geld zu bekommen, was bei einer Lagerung zuhause der Fall wäre. Selbst ein zinsloses Darlehen zur Finanzierung eines Fahrzeugs oder Fernsehers stellt für diesen Sparer schon ein Risiko dar, weil er auf zukünftige Einkommen vorgreift. Er nimmt sich dabei selbst die Flexibilität und Freiheit, die er für seinen ruhigen Schlaf benötigt.

Der Anleger mit Gewinnabsicht ist ein völlig anderer Typ. Er ist sich seiner Sache meist aber auch nicht so sicher, wie gemeinhin angenommen wird. Er hat im Wesentlichen nur zwei Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist der Kauf von risikobehafteten Wertpapieren und anderen Finanzprodukten (Fondsanteile etc.) oder Unternehmensanteilen. In diesem Fall muss er mit Verlusten rechnen, was im Zweifel nicht nur den Totalverlust sondern auch weitere Kosten mit sich bringen kann (bspw. im Fall von CFDs oder einer Gesellschafterhaftung). Eine andere Möglichkeit besteht im Kauf von Wertpapieren, welche die Einlage absichern, der Emittent dafür aber eine Gebühr verlangt. Diese Gebühr (oft im Bereich 3%-5%) muss der Anleger im Grunde aber als Verlust ansehen. Dieses faktische Verlustrisiko trägt er also trotzdem. Von Sicherheit gegenüber der Einlage kann hier also auch keine Rede sein.

Die oben genannte Quelle führt noch weitere Anzüglichkeiten bezogen auf den Sparer auf:

„Das ist ein verwunderliches und irrationales Verhalten. Welches dazu führt, das man- übrigens nicht nur auf dem Gebiet der Anlage – zurückfällt. Wer nichts tut bzw. nicht auffällt und auch sonst nicht ins Risiko geht, wird zwar wenig Fehler machen. Damit nimmt er sich aber zugleich auch die Chance der Weiterentwicklung, die bekanntlich dadurch zustande kommt, dass man Fehler macht und aus diesen dann auch hoffentlich lernt. Entwicklungsgeschichtlich bezeichnet man dieses intelligente Prinzip als Versuch und Irrtum (Trial and Error). Nur mit diesem Prinzip ist Innovation und damit Fortschritt möglich. Wer sich diesem Prinzip verschließt tritt maximal auf der Stelle, was in dynamischen Zeiten wie diesen bedeutet, dass er in Wahrheit zurückfällt. Auch, wenn er es – wie auch wir – nicht merken, weil es ein schleichender Prozess ist.“ (Quelle: Aktionärsmob oder mündige Bürger? von N. Lohrke http://www.aktiencheck.de/kolumnen/Artikel-Aktionaersmob_oder_muendige_Buerger-5049404, abgerufen am 30.05.2013 um 12:05 Uhr)

Ein einfacher Sparer oder auch Anleger ist keinesfalls mit unternehmerischen Begriffen zu belegen. Ein Arbeiter oder einfacher Angestellter hat weder ein Interesse daran aus Anlagefehlern zu lernen, noch möchte er Chancen der Weiterentwicklung nutzen. Und nur am Rande: Was soll denn weiterentwickelt werden mit welchem Ziel? Im Übrigen ist auch die Aussage, dass ein Vorgehen nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum (engl.: trial and error) intelligent ist ziemlich dämlich. Insbesondere dann, wenn die Aussage im Kontext der Kapitalanlage stattfindet. Zur Verdeutlichung: Man stelle sich vor, man erwirbt ein nagelneues Navigationssystem, welches einem dann getreu dem Prinzip von Versuch und Irrtum endlich im 33. Versuch ans Ziel bringt. Ist das intelligent und innovativ? Sicher nicht!

Fortschritt ist wichtig und unverzichtbar, aber bitte nicht auf Kosten des kleinen Mannes!

Noch ist der Autor der Quelle nicht am Ende mit seinen Bauernfänger-Argumenten:

„So gibt es derzeit Berechnungen, dass den deutschen Anlegern aufgrund ihres Sicherheitsfetischismus in der Geldanlage mit seiner Hinwendung zu Sichteinlagen und auch Lebensversicherungen und der bereits in 23 Ländern zu beobachtenden negativen Realzinsen jedes Jahr über 12 Mrd. Euro und weltweit über 100 Milliarden Euro verloren gehen und sich ganz nebenbei die Dax-Konzerne zwischenzeitlich mehrheitlich in ausländischem Besitz befinden. Angesichts dessen müssen einem auch Studienergebnisse nicht verwundern, dass andere Länder – übrigens auch in Europa (Stichwort: Südländer) – ein höheres durchschnittliches Pro-Kopf-Vermögen vorweisen können als wir. Was die derzeitige Euro-Rettungspolitik nicht nur in Frage stellt, sondern geradezu als absurd outet.“ (Quelle: Aktionärsmob oder mündige Bürger? von N. Lohrke http://www.aktiencheck.de/kolumnen/Artikel-Aktionaersmob_oder_muendige_Buerger-5049404, abgerufen am 30.05.2013 um 12:05 Uhr)

Auch an dieser Stelle werden wieder Dinge miteinander vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Wenn ein Privatanleger sein Geld lieber griffbereit und sicher festlegt (Der Begriff Anlegen ist in diesem Kontext nicht unbedingt angebracht.), dann ist das allein seine eigene Entscheidung und volkswirtschaftlich nur bedingt kritisch zu betrachten. Im Übrigen ist die derzeit geringe Spar- und Anlagequote das, was unsere Volkswirtschaft am Laufen hält. Oder wäre es besser, wenn der Konsum zu Gunsten von Kapitalanlagen in DAX-Konzerne zurückgeht? Ich bin mir da nicht so sicher. Und was soll denn dieser Finanzpatriotismus? Wem die DAX-Konzerne jetzt gehören, ist doch wirklich scheiß egal. Was kümmert die Eigentümerstruktur den durchschnittlichen Sparer oder Anleger? Als ob die DAX-Konzerne der Nabel unserer Volkswirtschaft wären. Die wird noch immer vom deutschen Mittelstand im Laufen gehalten. Der Vergleich mit den südlichen Ländern der Eurozone hinkt und hat außerdem nicht ansatzweise etwas mit dem Spar- und Anlageverhalten der Deutschen zu tun.

Abgesehen davon ist es unangemessen von Sicherheitsfetischismus zu sprechen, wenn man bedenkt, dass die, die eben diesen Sicherheitsfetischismus nicht an den Tag legten, vor gar nicht allzu langer Zeit eine Menge Geld verloren haben. Die entstandenen Schäden tragen jetzt weitgehend andere!

An dieser Stelle muss fairer halber angeführt werden, dass der Urheber der zitierten Quelle keinesfalls die einzige Person ist, die auf diese Weise Sparer und Anleger anspricht. Die kundgetane Auffassung wird vielmehr von sehr vielen Leuten geteilt und die Inhalte sogar geglaubt.

Es ist zweifelsfrei, dass nur derjenige, der ein gewisses Risiko in Kauf nimmt, auch einen größeren Erfolg haben wird. Das gilt übrigens nicht nur für Kapitalanlagen. Es ist aber auch so, dass es kein Anrecht darauf gibt, dass sich erspartes Geld von alleine ohne Zutun vermehrt. Auch der Unterschied zwischen Sparen und Anlegen muss berücksichtigt werden. Anlegen ist risikobehaftet, bietet aber die Option eine Rendite zu erzielen. Sparen ist risikofrei, aber auch frei von Renditen oder Inflationsausgleich.

Das Märchen vom abgezockten Sparer schließt mit einem guten Ende für den risikoorientierten Anleger. Die Realität sieht aber so aus, dass man als Otto Normalverbraucher keine großen Renditen erwarten kann und auch bei gemanagten Kapitalanlagen ziemlich häufig nicht das Ziel erreicht, welches man sich vorgestellt hat. Im Sinne einer Anlage sollte man also wirklich nur verschmerzbare Geldbeträge verwenden und sich immer über die Risiken im Klaren sein. Wertpapiere und Finanzprodukte, die man nicht versteht (WIRKLICH VERSTEHT) sollte man keinesfalls kaufen, auch wenn man es vielfach geraten bekommt.

Wer sparen will und sich damit gut fühlt, sollte das anstelle des Anlegens tun! Selbst ein Zinssatz, der geringer als die Inflationsrate ist, entwertet das Geld nicht in dem Maße, wie es oftmals dargestellt wird. Der große Vorteil des Sparens ist, dass man keine Verbindlichkeiten und Risiken hat. Man kann jederzeit über sein Geld verfügen und schläft nachts ruhig.

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